Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten. 59
Veranlassung, in späteren Jahren107 aber mußte ihn eine bedrohliche,
ungünstige Saturnstellung108, an derer, wie Tannstätter, der behan-
delnde Arzt meint, auch wirklich starb109, beschäftigen. Aber ganz
abgesehen von diesen Voraussetzungen unmittelbarer, persön-
lichster Beziehungen, hat Giehlow den Nachweis geführt, worauf
denn zur Zeit Maximilians sich die Heilmedizin gegen die satur-
ninische Melancholie gründete.
Es gab nach der Lehre der antiken Ärzte zwei Formen, eine
schwere und eine leichte Form der Melancholie; die schwere war
auf die schwarze Galle zurückzuführen, sie erzeugte maniakalische
Zustände — das aber war der Fall des rasenden Hercules. Der
florentinische Philosoph und Arzt Marsiglio Ficino schlug gegen
sie ein gemischtes Verfahren von seelischer, wissenschaftlich-medi-
zinischer und von magischer Behandlung vor110: Seine Mittel sind
innere geistige Konzentration auf der einen Seite; durch
diese kann der Melancholische seinen unfruchtbaren Trübsinn um-
gestalten zum menschlichen Genie. Andererseits ist, abgesehen von
rein medizinischen Maßregeln gegen die Verschleimung, den
,,Pfnüsell“, zu dieser Gallenumwandlung erforderlich, daß der
gütige Planet Jupiter dem gefährlichen Saturn entgegenwirkt.
Fehlt dieser in der wirklichen Konstellation, so kann man sich
doch diese günstigere Konjunktion durch das magische
Bild des Jupiter aneignen, für das nach der Lehre Agrippas
auch dessen Zahlenquadrat eintreten kann. Deshalb erblicken wir
bei Dürer in die Wand eingelassen das Zahlenquadrat des
Jupiter (s. u.).
• Giehlow, der auf so scharfsichtige und einfache Weise den
Gedanken der planetarischen Konjunktions-Heilmethode wider die
Melancholie bei den abendländischen Okkultisten der Renaissance
aufwies, scheute schließlich doch davor zurück, die letzte Folgerung
aus seiner Entdeckung zu ziehen. Er will die Zahlentafel des
107 Sicher seit 1518, wahrscheinlich schon früher. Vgl. Edmund Weiss,
Albrecht Dürers geogr. und astron. Tafeln (Jahrb. d. allerh. Kaiserhauses VII,
188b, S. 220) und dazu Giehlow a. a. O. V, S. 59.
108 Über die feindliche Rolle des Saturn im Horoskop Maximilians vgl.
Melanchthons Brief an Camerarius, 13. Jan. 1532 (CR. II, 563): „Meus frater
amisit suum filium, puerum elegantissimum .... Habet pater in quinto loco
Saturnum, quem eodem loco habuit Maximilianus, cuius quae fuerit domestica
fortuna, non ignoras.“
109 Vgl. Giehlow a. a. O. V, S. 595.
110 Zusammengefaßt in „De vita triplici“, Florenz 1489 u. ö.
Veranlassung, in späteren Jahren107 aber mußte ihn eine bedrohliche,
ungünstige Saturnstellung108, an derer, wie Tannstätter, der behan-
delnde Arzt meint, auch wirklich starb109, beschäftigen. Aber ganz
abgesehen von diesen Voraussetzungen unmittelbarer, persön-
lichster Beziehungen, hat Giehlow den Nachweis geführt, worauf
denn zur Zeit Maximilians sich die Heilmedizin gegen die satur-
ninische Melancholie gründete.
Es gab nach der Lehre der antiken Ärzte zwei Formen, eine
schwere und eine leichte Form der Melancholie; die schwere war
auf die schwarze Galle zurückzuführen, sie erzeugte maniakalische
Zustände — das aber war der Fall des rasenden Hercules. Der
florentinische Philosoph und Arzt Marsiglio Ficino schlug gegen
sie ein gemischtes Verfahren von seelischer, wissenschaftlich-medi-
zinischer und von magischer Behandlung vor110: Seine Mittel sind
innere geistige Konzentration auf der einen Seite; durch
diese kann der Melancholische seinen unfruchtbaren Trübsinn um-
gestalten zum menschlichen Genie. Andererseits ist, abgesehen von
rein medizinischen Maßregeln gegen die Verschleimung, den
,,Pfnüsell“, zu dieser Gallenumwandlung erforderlich, daß der
gütige Planet Jupiter dem gefährlichen Saturn entgegenwirkt.
Fehlt dieser in der wirklichen Konstellation, so kann man sich
doch diese günstigere Konjunktion durch das magische
Bild des Jupiter aneignen, für das nach der Lehre Agrippas
auch dessen Zahlenquadrat eintreten kann. Deshalb erblicken wir
bei Dürer in die Wand eingelassen das Zahlenquadrat des
Jupiter (s. u.).
• Giehlow, der auf so scharfsichtige und einfache Weise den
Gedanken der planetarischen Konjunktions-Heilmethode wider die
Melancholie bei den abendländischen Okkultisten der Renaissance
aufwies, scheute schließlich doch davor zurück, die letzte Folgerung
aus seiner Entdeckung zu ziehen. Er will die Zahlentafel des
107 Sicher seit 1518, wahrscheinlich schon früher. Vgl. Edmund Weiss,
Albrecht Dürers geogr. und astron. Tafeln (Jahrb. d. allerh. Kaiserhauses VII,
188b, S. 220) und dazu Giehlow a. a. O. V, S. 59.
108 Über die feindliche Rolle des Saturn im Horoskop Maximilians vgl.
Melanchthons Brief an Camerarius, 13. Jan. 1532 (CR. II, 563): „Meus frater
amisit suum filium, puerum elegantissimum .... Habet pater in quinto loco
Saturnum, quem eodem loco habuit Maximilianus, cuius quae fuerit domestica
fortuna, non ignoras.“
109 Vgl. Giehlow a. a. O. V, S. 595.
110 Zusammengefaßt in „De vita triplici“, Florenz 1489 u. ö.