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Warburg, Aby Moritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 26. Abhandlung): Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37732#0060
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60

A. Warburg:

Jupiter bei Dürer trotz Ficino und Agrippa weniger als anti-
saturninisches Amulett, sondern ,,in erster Linie“ als Symbol der
genialen Erfindungskraft des saturninischen Menschen gelten lassen.
Giehlow konnte die letzte, recht eigentlich aufklärende Folge-
rung aus seiner eigenen Entdeckung nicht ziehen, weil ihm ein
wesentlichstes Dokument der Vorgeschichte dieser Ideen, das gleich
zu besprechende Buch ,,Picatrix“ als typischer Vertreter der arabi-
schen Überlieferung spätantiker, astrologisch-magischer Praktik in
seiner überwältigenden Bedeutung für die gesamte europäische
Geheimwissenschaft, wie sie Ficino und Agrippa betrieben, unbe-
kannt war. In Ergänzung von Giehlows Forschungen konnte der
Verf., unterstützt von Printz, Gräfe f und Saxl111 den Nachweis
führen, daß dieses lateinisch geschriebene Hauptwerk spätmittel-
alterlichen, kosmologischen Okkultismus, das unter dem Namen
,,Picatrix“ geht, die Übersetzung eines Werkes ist, das ein Araber
in Spanien im 10. Jahrhundert schrieb und dem nur dieser pseud-
epigraphische Titel (mißverstanden aus Hippokrates) vorgesetzt
wurde: Es ist die Gäyat-al-haklm des Abü’ 1-Käsim Maslama b.
Ahmad al-Magriti112.
Von dem Werke besaß auch Maximilian in seiner Bibliothek
zwei Handschriften, darunter eine illustrierte Prachthandschrift,
von deren Wesen uns eine Handschrift in Krakau113 eine Vorstellung
zu machen gestattet. Ficino verweist selbst in seinem Kapitel
über die magischen Bilder auf jene arabischen Vermittler helle-
nistisch-hermetischer Heilmagie durch astrologische Amulette, wie
sie die Steinbücher das ganze Mittelalter hindurch als ganz wesent-
lichen Teil der Iatro-Astrologie lebendig erhielten. Zu diesen
gehört aber vor allem der ,,Picatrix“114, der Ficino die Bildbeschrei-
bungen der heilkräftigen Planetenfiguren geliefert hat. In einer
111 Vgl. F. Saxl, Beiträge zu einer Geschichte der Planetendarstellungen
im Orient und im Okzident, in: Der Islam, 3. Jg. (1912), S. 151—177, und
ders.: Verz. astrol. . . . Handschr. (Sitzungsber. d. Heidelb. Akad. d. W.,
Philos.-hist. Kl. 1915, Abhdlg. 6—7), Heidelberg 1915, S. XHIf.
112 Aus Cordova, gest. 398 A. H. (1007/8 n. C.). Vgl. Heinr. Suter, Die
Mathematiker und Astronomen der Araber und ihre Werke, Abhdlgn. z. Gesch.
d. math. Wiss., X. Heft (Leipzig 1900), S. 76.
113 Cod. 793 DD III. 36. Eine Abb. daraus bei Saxl, Verz. S. XIII.
114 Ihn und den sogenannten 'Utärid (s. Ruska, Griechische Planeten-
darstellungen in arabischen Steinbüchern, S. 24f. und Steinschneider,
Arabische Lapidarien, Zeitschr. d. D. M. G., Bd. 49, S. 267f., und ders.,
Zur Pseudepigraphischen Literatur, Nr. 3 der ersten Sammlung der Wissen-
 
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