Metadaten

Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0022
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

Ernst Lohmeyer:

Ähnliche Gedanken haben, wie wir später sehen werden1, auch im
Judentum gelebt; ob aber dort das ägyptische Vorbild von Ein-
fluß gewesen ist, läßt sich nicht ausmachen.
2.
Wie in der ägyptischen Religion, so kehrt die Vorstellung von
einem göttlichen Wohlgeruch auch in der persischen wieder, wenn
auch nicht in der gleichen Fülle der Ausdeutungen und dem mannig-
faltigen Umfang der Beziehungen. Wir fassen uns hier kürzer, da
die persische Anschauung schon mannigfach berührt worden2 ist.
In dem späten theologischen Traktat Ulemai' Islam3 findet
sich das Symbol vom Geruch der Götter als gebräuchliches Bild:
,,Ormuzd war lichtglänzend, rein, guten Geruchs, dem Guten
ergeben und aller guten Handlungen fähig. Als er in den tiefsten
Abgrund hinunterblickte, sah er.Ahriman, schwarz, unrein,
übelriechend, bösartig. Nun erhob sich Ahriman, um den
Ormuzd zu bekriegen und . rüstete ein Heer aus dem Un-
reinen, Finstern und Übelriechendem,.was in ihm war.“
Der Geruch der Götter ist hier deutlich nur ein Gleichnis unter
andern Gleichnissen, ein Bild ohne sinnliche Fülle, ohne lebendige
Anschaulichkeit wie in Ägypten oder Griechenland. Das Gleichnis-
hafte der Vorstellung ist offenbar durch die Göttervorstellung
bestimmt; wie hier Ormuzd und Ahriman nicht leiblich geschaute
göttliche Gestalten sind, sondern Bilder sittlicher Mächte, so wird
auch der Gedanke von ihrem Geruch zu einem Gleichnis des Sitt-
lichen. Nicht um sinnlich-übersinnliche Wesenheiten handelt es
sich, sondern um Personifizierungen des Moralischen. Und der
Dualismus in der Gottesanschauung spaltet auch dieses Gleichnis;
der Wohlgeruch versinnbildlicht das Gute, der üble Geruch das
Böse. War in der griechischen und ägyptischen ein physischer
und metaphysischer Gegensatz nur angedeutet, so ist er hier zu
dem konträren Gegensatz zweier sittlicher Prinzipien geworden.
1 Vgl. unten S. 26 ff.
2 Vgl. Boosset, Hauptprobleme der Gnosis, S. 68. 120. 301; Böklen,
Die Verwandtschaft der jüdisch-christlichen mit der persischen Eschatologie,
S. 65 ff. Weil die persische Vorstellung bisher fast allein beachtet ist, ist man
weithin geneigt, die späteren jüdischen und christlichen Anschauungen allein
aus Persien herzuleiten. Vgl. darüber unten S. 40, Anm. 2.
3 Übersetzt von H. Vullers, Fragmente über die Religion des Zoroaster,
Bonn 1831, S. 46.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften