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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0046
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46

Ernst Lohmeyer:

Wie so clas uralte griechische Bild von einem Sonnengarten
in den christlichen Hoffnungen eines seligen Lebens nach dem Tode
aus dem märchenhaften Raume „an den Grenzen der Erde“ in
den bestimmten über der Erde sich wölbenden Himmel erhoben,
weiter lebte, so bleibt auch die Vorstellung, daß Götter im Dufte
sich kund geben, ins Christliche übersetzt in den Visionen und
Legenden der Märtyrer und Heiligen erhalten1.
Ein typisches Beispiel dieser Vorstellung ist in den Akten des
heiligen Vitus gegeben. Dort heißt es, als Engel im Gemach des
Knaben erscheinen: Gubiculum . . . inaestimabili claritate fulgebat
et videbantur in eo quasi duodecim lampades nimio fulgore splen-
dentes; respersumque est suavissimo odore .... Qua admiratione
attonitus Hylas pater beati Viti dixit: Putas, dii venerunt in domum
meam ad filium meum ? Hier bekundet sich seltsam das Bewußt-
sein, daß heidnische Götter sich nicht anders offenbaren als christ-
liche Engel; in geschichtliche Anschauung übersetzt, ist die Szene
ein Beweis dafür, daß in den christlichen Anschauungen von der
Epiphanie himmlischer Wesen die alten heidnischen Symbole mit
neuem und doch unverändertem Sinn und Leben erfüllt sind.
In denselben Akten heißt es weiter, als der spätere Bischof Vitus
mit Modestus eingekerkert ist: repente terrae motus factus est
in carcere et lux incomparabiliter radiavit odorque inaestimabilis
respersus est in habitaculo. Apparuit eis Dominus noster Jesus
Christus. Das bestätigen hernach die Wärter, die erschreckt zum
Kaiser Diokletian laufen und berichten: Vitum quem nobis prae-
cepisti ligare in carcere claritas maxima circumdedit et odor in-
aestimabilis in toto claustro respersus est. Licht und Duft sind
auch hier wie in alter Zeit Wahrzeichen des Göttlichen auf Erden.
- Bei der Überführung der Leiche der hl. Reginswindis in ein
neuerbautes Oratorium ziehen Engel in der Prozession mit; tanta
denique miri odoris fragrantia omnes qui aderant percelluit, ut
aestimarent odorifera se circumseptus aura, et totum illum locum
divinitatis obumbrari gloria2. AVas von Christus und den Engeln
1 Ygl. zum folgenden auch Günter, Legendenstudien; Hipp. Delehaye
Les legendes hagiographiques; deutsche Übersetzung von E. A. Stückel-
berg, Kempten 1907. Es sei bemerkt, daß nur einige wenige Beispiele an-
geführt sind. Die Indices der Acta sanctorum (besonders sub voce: odor)
können sie leicht vermehren helfen.
2 Acta Sanctorum 15. Juli IY, S. 92—95 Acta Reginswindis cap. 2, 15
(S. 95 G).
 
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