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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0052
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52

Ernst Lohmeyer: Vom göttlichen Wohlgeruch.

Das Symbol des Wohlgeruchs ist nur eine unter vielen andern
Formen, in denen himmlisches Leben und göttliche Nähe auf Erden
sinnlich erlebt wird. Aber in seiner Geschichte spiegelt sich die
Geschichte der Religionen, die das Rätsel der Verbundenheit von
Himmel und Erde zu lösen trachten. Aus dieser Erde als dem
„umfassenden Rildnis des Göttlichen“ ist das Symbol entstanden
und trägt alle Zeichen irdischer Lebendigkeit an sich. So einen
sich im Ursprung zum ersten Male die beiden Kräfte, die wie das
Wesen der griechischen Religion, auch den Sinn des Duftsymbols
bestimmen. Die Geschichte hat die beiden Kräfte mehr und
mehr zu unversöhnlichem Gegensätze auseinandergetrieben, den
Himmel zur einzigen Wirklichkeit, die Erde zu ihrem trüben
Schatten gemacht; die Einheit, die das Urchristentum bot, ist,
weil nicht sinnlich vermittelt, für das Symbol nicht lebendig
geworden. So ist schon früh in der Gnosis und später im Mittel-
alter das Duftsymbol zu einem Vorzeichen des Himmels im Dunkel
dieser Erde geworden. Erst in einer Frömmigkeit, die, freilich
nicht auf der Erde, sondern in Gott lebend, dennoch die Erde
wieder als umfassendes Sinnbild des Göttlichen verstand und so
aufs neue Erde und Himmel wieder zusammenband, ist auch das
Duftsymbol wieder in beseelter Lebendigkeit erstanden; und
dieses neue, übersinnlich-sinnliche religiöse Leben ist voll erst
in der Mystik erblüht, die Gott, mehr als in deutlichem Bild
und Wort, in dem noch nicht gestalteten Atmen seines Lebens
wie in einem unfaßbaren Dufte, im „göttlichen Wohlgeruch“ er-
lebt. Solche neue Deutung alter Bilder und Zeichen klingt auf
christlichem Boden zum ersten Mal in der Mystik der Oden
Salomos an. In späteren Jahrhunderten ist vor allem in der
deutschen Mystik des Mittelalters das alte griechische Duftsymbol
als Zeichen göttlicher Nähe und Gegenwart zu neuem Leben
erwacht. Der weite Grund, aus dem hier das griechische Bild
erfaßt und erlebt worden ist, steigt in einem tiefen Wort des
Angelus Silesius lebendig auf:
Die Sinne sind in Gott all ein Sinn und Gebrauch;
Wer Gott beschaut, der schmeckt, fühlt, riecht und hört ihn auch.

neuen Metaphern, „von himmlischen Gerüchen, von höllischem Gestank,
zum Himmel stinken“ geführt.
 
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