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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 12. Abhandlung): Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37779#0004
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Hermann Ammann :

Sinn des Wortes: einer Sache ein Merkmal verleihen, um ihre be-
sondere Beziehung zum Sprechenden oder Angeredeten zu kenn-
zeichnen. In der Gruppe dies Haus sondert dies das gemeinte
Haus von allen andern Häusern (besonders in der Betonung dies
Haus), während andererseits Haus den Gegenstand von allen andern
sich abheben läßt, auf die etwa die Demonstration sich richten
könnte.
Wie steht es nun mit der „Bedeutung“ von dies? Können
wir sagen, daß dies alles mögliche, was es bezeichnen kann, auch
bedeute? Ganz offenbar nicht. Dies hat überhaupt keine Bedeutung,
sondern nur eine Funktion, nämlich in jeder einzelnen Lage das
zu bezeichnen, worauf ich den Blick des Hörenden richten will.
In dieser Funktion berührt sich das Demonstrativum nun mit
den Eigennamen: auch sie haben keine eigentliche Bedeutung (die
sich aus anderen Bedeutungen aufbauen ließe), sondern die Funktion,
etwas Bestimmtes zu bezeichnen; nur daß sie immer und in jeder
Lage ein und dasselbe Bestimmte bezeichnen.
Es ist wesentlich, daß die „Bedeutung“ des Eigennamens sich
nicht aus anderen Bedeutungen zusammensetzen läßt. Wir können
die Bedeutung, richtiger den Gegenstand eines Eigennamens nur
klarlegen, indem wir seine Beziehung zu andern, schon bekannten
Eigennamen-Trägern oder zu unserer eigenen raumzeitlichen Lage
kennzeichnen. Der Satz: Bomulus ivar der Gründer Borns läßt
sich fortspinnen: Bom ist die heutige Hauptstadt Italiens, Italien
ist das Land jenseits der Alpen, die Alpen sind ein Gebirge im
Süden Deutschlands, sodaß grundsätzlich jede reale Eigennamen-
„Bedeutung“ auf irgend einem Weg über Räume und Zeiten hin-
weg zum ich, du, ivir, hier, heute zurückführt. (Von Eigennamen
fiktiver Personen und Sachen können wir hier absehen.)
Wie es grundsätzlich möglich ist, den begrifflichen Gehalt
eines Eigennamens auf bloße Beziehungen (allerdings unter Ver-
wendung allgemeiner Wortbedeutungen) zurückzuführen, so ist es
andererseits unmöglich, ihn durch Häufung von „Merkmalen“ -—
es seien denn in diesen wieder Beziehungsträger versteckt — zu
erschöpfen. Romulus ist nicht ein Mann, der . . ., nicht ein König,
der eine Stadt gründete (wobei zu bemerken, daß in der Präterital-
form bereits ein, wenn auch höchst unbestimmtes, Beziehungs-
moment zur Gegenwart steckt), sondern der Mann, der . . ., und
die Demonstration leitet uns schon auf den nächsten Ruhepunkt
Bom. Füge ich hinzu: Bomulus war der Gründer und erste König
 
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