Metadaten
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Studien zur Spätscholastik. I.

9
fortschrittes hin, der von Italien ausgehend über Frankreich und
Burgund zuerst nach dem deutschen Westen gelangt. Auf der Höhe
des deutschen Mittelalters mochte kein Ort so sehr wie Köln, der Sitz
Alberts und des großen Duns Scotus, zur ersten deutschen Univer-
sitätsstadt vorbestimmt erscheinen. Wenn irgendwo in Deutschland,
so bestanden hier wissenschaftliche Traditionen und geistige Fühlung
mit Paris, der alma mater der europäischen Philosophie und Theologie.
Das äußere Leben der deutschen Artistenzunft an dieser Bil-
dungsstätte läßt sich aus Denifles Aktenpublikationen mit aller
wünschenswerten Farbigkeit erkennen. Es ist ein enger persön-
licher und beruflicher Zusammenhang, der die Genossen umschließt,
alle äußeren Lebensbedingungen umspannend, im ganzen aber
mehr der wirtschaftlichen Sicherung seiner Mitglieder und verwal-
tungstechnischen Aufgaben, als der Überlieferung wissenschaft-
licher Zunftgebräuche und Lehrstoffe zugewandt. Die Aufgabe
der Korporation entsteht naturgemäß aus dem Leben der Genossen
fern von den heimischen Pfründen; nie verlernen sie es ganz,
sich hier als Fremdlinge zu fühlen. Kaum ein Dutzend ,,Regenten“
erscheint als dauernd ansäßig, führt die eigentlichen Geschäfte,
sorgt für den ordentlichen Fortgang der Vorlesungen und Examina,
rät und beschließt regelmäßig in den Versammlungen - der Rat
der Meister gleichsam, umgeben von äußerst zahlreichen Gesellen,
die auf Wanderschaft bis zur Erledigung des Meisterstückes sich
hier aufhalten. Das Kommen und Gehen war überaus wechselvoll
in diesem Kreise. Es läßt sich deshalb auch nicht mit Sicherheit
sagen, wann Marsilius von Inghen hier eintrat und ob er etwa den
Grad des Bakkalars und Lizentiaten in artibus anderswo erwarb.
Zum ersten Male wird er am 27, September 1362 in den Akten
der natio anglicana erwähnt, bei Gelegenheit seiner Antritts-
vorlesung als Magister1; es ging damals bei der Aufnahme der
Bologneser deutschen Korporation beträgt in der Zeit zwischen 1289 und
1401 zwischen 40 u. 63 %! Der niederrheinische Anteil ist auch an der Heidel-
berger Neugründung auffallend stark bis zur Gründung der Kölner Univer-
sität. Von 579 Immatrikulierten d. J. 1386/87 stammen 162, also fast 28%,
von 247 Intitulierten des nächsten Jahres 106, also fast 43 % aus den Diö-
zesen Köln, Lüttich, Antwerpen, Cambrai u. aus Hennegau u. Flandern. Vgl.
B. Scharvke, Soziale Zusammensetzung der Heidelberger Universitäts-
angehörigen im XV. Jhd. Hger. Diss. 1921.
3 incepit sub mg. Wilhelmo Buser (dem nuntius für den rotulus!) Auct. 1.
272. — Chart. III, 93, N. 30 wird M. ohne ausdrückliche Zitierung Sorbonicus
genannt. Geht diese Notiz auf den rotulus von 1362 zurück? Die Sorbonne
nahm erst nach der artistischen Promotion den mag. art. auf.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften