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Studien zur Spätscholastik. 1.

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Standespersonen Frankreichs in das Pariser Parlament berufen zu
werden! Noch kostspieliger war das Ehrenamt des Gesandten zur
Kurie, das er im Aufträge von Universität und Nation zweimal
(1369 und 1377/78) übernahm; dafür wurde er aber auch durch
sorgfältig berechnete Umlagen aller Pfründenbewerber entschädigt
und erreichte für sich selbst die Belehnung mit einer Domherren-
pfründe1. Auf Papst Urban V., der sie ihm verlieh, scheint die
Persönlichkeit des Gesandten einen bedeutenden Eindruck gemacht
zu haben; er berief ihn sogleich — doch ohne Erfolg — auf einen
Lehrstuhl an der Universität Montpellier2.
Sein Ruf als Lehrer entsprach diesem äußeren Ansehen. Seine
Anziehungskraft auf die Scholaren beweist schon die hohe Zahl
der unter ihm promovierenden Determinanden und Magistranden3.
Die Schar seiner Zuhörer macht 1372 die Zuteilung besonders großer
Auditorien nötig; bei der Verteilung der Hörsäle ward er in erster
Linie berücksichtigt. 1374 erhält er gar das Recht, der zahlreichen
Hörer wegen, die keinen Platz mehr finden, auf jedes große Audi-
torium Beschlag zu legen, das ein Kollege irgend entbehren kann4.
Wenn der Inhalt seiner Vorlesungen dem seiner Bücher entsprach,
so dürfen wir vermuten, daß die didaktische Klarheit seiner Dar-
stellung an diesen Lehrerfolgen mitbeteiligt war. Die logischen und
physikalischen Lehrbücher, deren Entstehung vermutlich in die
Pariser Zeit fällt, weisen besonders deutlich einen Zug zu handlicher
Kürze und Eindeutigkeit auf.
Es mag sein, daß die hohe Zahl der Kollegbesucher zu dem
äußeren Wohlstand unseres Philosophen beigetragen hat. Doch
scheinen ihn von Anfang an die wirtschaftlichen Sorgen nicht ebenso
1 Chart. III, p.187, N. 10, Auct. I, 321. Chart. III, p. 188, Auct. I, 326,
328, 329, 341, 360, 502-4, 508, 516 ff.
2 Chart. III, 92, nr. 7, 1369, juli 13. Genauerer Abdruck aus den
vatik. Registern durch Sauerland, Jahrb. d. Ges. f. lothr. Gesch. XV, p. 473.
Der Papst bot 100 Goldgulden Gehalt, Exemtion von allen Gerichten, Unter-
stellung unmittelbar unter die kuriale Iurisdiktion, Befreiung von allen Ver-
pflichtungen zur Teilnahme an Fakultäts- und Universitäts-Versammlungen.
3 Vgl. Auct. I, 294, 298, 308, 309, 310, 312, 313, 314, 320, 324, 326, 330,
331, 335, 351 (Determination in absencia, von Denifle Auct. I, 557, N. 2
übersehen!) 399, 401, 411, 427, 444, 454, 455, 464, 471, 475, 486, 487, 512, 558.
4 Verhandlung 1372 Sept. 12 u. 22 (1. c 415): Thomas de Clivis wünscht
das frühere Auditorium des M. zu erhalten, falls er eine große Hörerzahl
haben wird; 1373, Sept. 16 Zuteilung des neuen Schullokals an M. u. Th. de
Clivis (1. c. 430); 1474, Sept. 29 Vorzugsrecht des M. (1. c. 459). Vgl. auch
Verhandlungen von 1369, 1. c. 337
 
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