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Gerhard Ritter:

Ob er schon 1385 bei der Supplik an Urban VI. um Genehmi-
gung und Privilegierung des neuen Generalstudiums mitgewirkt
hat, läßt sich nicht entscheiden. Am 26. Juni 1386, zwei Tage
nach Eintreffen der päpstlichen Stiftungsbulle auf Schloß Wersau,
wird er bereits in den ,,geschworenen Rat“ des Kurfürsten auf-
genommen und mit einem festen Gehalt von 200 Gulden, also
ganz auffallend hoch im Vergleich zu den sonstigen Professoren-
gehältern1, besoldet, und zwar aus regelmäßigen kurfürstlichen
Einnahmequellen, nicht aus den üblichen kirchlichen Pfründen2.
Als pfaffe des Pfalzgrafen wird er angestellt, unsers Studiums
ein anheber und regirer zu sein. Der früheste Bericht über die
Anfänge der neuen Hochschule stammt aus seiner Feder, wohl im
Frühjahr 1387 niedergeschrieben, knapp und klar im Stil, aber
nicht frei von Versehen in Einzelheiten der Datierung, ähnlich also
dem Schreiben aus Tivoli von 1378 und der Denkschrift von 13903.
Die grundlegenden Privilegien des Kurfürsten, zugleich die ersten
Statuten des Generalstudiums, wurden instante magistro Marsilio
ausgestellt und also wohl auch von ihm oder vielleicht von Konrad
von Gelnhausen, dem Juristen und ersten Kanzler, entworfen.
Ihr Inhalt zeigt Schritt für Schritt die langjährige Erfahrung und
die Vertrautheit des Verfassers mit den Pariser Traditionen4 *, denen
man die neue Schule bewußt nachbildete. Selbst an der in Paris
historisch begründeten, aber für Heidelberg zwecklosen Bestim-
mung, daß der Rektor nur aus den Artisten gewählt werden dürfe,
hielt Marsilius gegen mancherlei Widerstand jahrelang fest1, und
es war selbstverständlich, daß er als erster und späterhin weitaus
am häufigsten das Rektorat führte6.
Im übrigen bedarf es keiner besonderen Erörterung, um dar-
zulegen, daß der geistige Begründer und Organisator des neuen
Studiums hier in noch viel höherem Maße als einst in Paris die

1 Die besten Stellen im Heiliggeiststift schwankten 1410 zwischen
100 und 120 fl., (Hautz II, Anhang 369) nach den Vorschlägen der Univer-
sität 1405 zwischen 120 und 150 fl. (U. B.I,nr. 60); die Beschaffung von 150 fl.
für Math, von Krakau machte schon ersichtlich Schwierigkeiten. (U. B. I.
nr. 38).
2 Urkunde datiert juni 29, U. B. I,nr. 3. Anweisung auf die Herbststeuer
der Stadt Heidelberg.
3 U. B. I, nr. 1.
4 Darüber s. im 1. Bande der Univ.-Gesch.
3 U. B. I, nr. 17, II, nr. 31.
6 Im ganzen neunmal, Toepke II 607 — 8.
 
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