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Gerhard Ritter:

sehen Einteilungen, die zum Teil den Sinn des Marsilms miß-
verständlich entstellen, aber sich leicht von dem eigentlichen Text
loslösen lassen. Unzweifelhaft haben wir also in diesem Text eine
beliebte Form des ,,terministischen“ logischen Schulbuchs vor uns.
Zur Ergänzung ließen sich für diesen Teil der Logik die von Prantl
verloren geglaubten insolubilia und obligatoria (Hs. nr. 36), für die
ars vetus die gleichfalls bisher unbekannten Traktate der Hss.
nr. 3 — 12, für die ars nova die sämtlich unbekannten Abhand-
lungen der Hss. nr. 15 — 24 heranziehen. Aus äußeren Gründen
muß ich auf diese umfängliche Erweiterung verzichten. In den
Grundzügen ist die Behandlung dieser Materien in den spätschola-
stischen Lehrbüchern aus anderen Beispielen bereits bekannt.
Anders scheint es mit dem Traktat de confusionibus zu stehen;
jedenfalls ist Prantl eine Abhandlung dieses Titels offenbar
nirgends in der Spätscholastik begegnet. Das Erfurter Fragment
(Hs. nr. 50) verdient darum einige Aufmerksamkeit1. Dem Mar-
silius selbst ist es in der erhaltenen Fassung freilich nicht zuzu-
schreiben. Allenfalls könnte es sich um einen anonymen Kommen-
tar zu einer verlorenen Abhandlung unseres Logikers handeln;
doch fehlt zu solcher Annahme einstweilen jeder positive Anhalt2.
Der Text erweist sich deutlich als eine schulmäßige Worterklärung
einer stückweise zitierten Vorlage — eine Darstellungsmethode,
die dem Marsilius unseres Wissens in diesen Dingen ganz fern lag.
Immerhin reicht, was erhalten ist, aus, um Inhalt und Geistes-
verwandtschaft des verlorenen Originaltraktates in Umrissen aus-
zudeuten. Wir erkennen die gesonderte Ausgestaltung eines wich-
tigen Unterteiles der Lehre von den ,,Suppositionen“. Es werden
1 Ich gebe einen Auszug des Inhalts im Anhang 2. — Eine anonyme
Abhandlung de confusionibus in Verbindung mit Traktaten des M. v. I. findet
sich auch Clm. 4385,f. 97. Sie ist mir nicht bekannt.
2 Auf welche Anhaltspunkte sich die bestimmten Angaben Schums
(Beschr. Verzeichnis der amplonian. Handschr. Sammlung zu Erfurt, p. 769.)
über die Autorschaft des M. v. I. zu allen 3 Stücken der Sammelhandschr.
cod. Ampi. 12°, nr. 13 stützen, ist mir unerfindlich. Ich kann nirgends eine
Spur entdecken, aus der sich die von S. selbstgewählten Titel der Traktate
(s. Katal. d. Sehr., Hss. nr. 48 — 50) rechtfertigen ließen, außer der Notiz auf
Bl. 78b: Sequitur M. (undeutlich!) libellum confusionum etc. (!). Nr. 48
behandelt 10 recht müßige Fragen über den Erfinder (!) und den Zweck
der Logik, nr. 49 ist ebenso wie nr. 50 wörtliche Erklärung eines anonymen,
stückweise zitierten Textes und behandelt die Supposition. Ob irgend eine
innere Beziehung der Stücke nr. 48/49 auf M. v I. besteht, bedürfte erst
einer umständlichen Untersuchung.
 
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