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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 4. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 1: Marsilius von Inghen und die okkamistische Schule in Deutschland — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37794#0049
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Studien zur Spätscholastik. I.

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solche Urteilssätze betrachtet, die eine „verworren-allgemeine“
Aussage enthalten (suppositio communis confusa), und es wird im
besondern untersucht, auf welchen grammatischen Verhältnissen
die „Verworrenheit“ beruht und wie sie sich abwandeln kann;
dabei kommt besonders die Bedeutung der„synkategoreumatischen“
Satzteile omnis, totus usw. in Frage. Das theoretische Interesse an
dem Stoff ist natürlich durch die hier hineinspielende Universalien-
frage bestimmt; gilt es doch die Bildung unbestimmter Allgemein-
hegriffe grammatisch == logisch zu erläutern! Im einzelnen klingt
die Untersuchung so deutlich an die sonst bekannte Einteilung der
.suppositio durch Buridan und Marsilius an1, daß wir das Stück
- das im übrigen wenig Interessantes enthält — zwar nicht einem
dieser Philosophen seihst, doch ihrer Schule zuschreiben dürfen.
Historisch bedeutet es einen neuen Beleg für das unablässige Fort-
wuchern der „modernen“ logischen Schulstoffe über ihren ursprüng-
lichen Rahmen hinaus.
In der Betrachtung der übrigen logischen Arbeiten des Mar-
silius darf ich mich, gegenüber Prantls bisher nicht übertroffener
Sachkenntnis, im allgemeinen auf die Hervorhebung der wichtig-
sten Tatsachen und Zusammenhänge beschränken.
Die Behandlung der ersten Analytik2 zeigt im wesentlichen
engen Anschluß an Albert von Sachsen, dessen Lehren zum Teil
eine Erweiterung und Ergänzung erfahren; daneben haben auch
Okkam und Buridan Pate gestanden. Die von Prantl hervor-
gehobene Kenntnis der averroistischen Schriften wird auch durch
zahlreiche Stellen des Sentenzenkommentars und der übrigen Werke
bestätigt. Im ganzen handelt es sich um eine schulmäßige Fort-
bildung der Traditionen ohne erhebliche Neuerungen. Wichtiger
für unsere Betrachtung ist der Inhalt der parva log calia. Die Be-
handlung dieser Dinge als solche beweist noch nichts für die Zu-
gehörigkeit zur „modernen“ Richtung der Philosophie. Mag man
nun die Durchsetzung der logischen Überlegung durch grammatische
Motive mit Prantl aus byzantinisch-stoischer Überlieferung ab-
leiten, oder darin nichts anderes sehen als eine systematische
Fortbildung von Elementen der spätlateinischen Grammatik, kom-
1 Vgl. Prantl IV, 28, N. 106/7 (Buridan) und p. 100 (Marsilius), sowie
die erste Abhandlung in dem unten besprochenen Druck nr. 2 mit der Ein-
teilung des in Anhang 2 auszugsweise wiedergegebenen. Stückes.
2 Ich benutzte Druck nr. 1.

Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1921: 4. Abh.

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