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Studien zur Spätscholastik. I.

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einer unendlich langen Linie. Sonderbar genug wirkt ja die Be-
hauptung ihrer faktischen Existenz; aber sie kann nicht anders
als „synkategoreumatisch“ gemeint sein; der ganze Zusammen-
hang der logischen Überlegungen steht dem entgegen1. Wenn des-
halb tatsächlich in dem ausführlichen Physikkommentar (in der
dubiosen Lyoner Ausgabe) die logischen Argumente so völlig zu-
gunsten der Schöpferallmacht Gottes verwischt und entstellt
werden, wie Duhem mitteilt2, so bedeutet das einen klaren Wider-
spruch gegen den Inhalt der sicheren Überlieferung. In den mir
zugänglichen Quellen ist eine wesentliche Abweichung von den
halbaristotelischenTheorienAlbertsund Buridans nicht zu bemerken.
Das alles scheint also wenig über die aristotelische Überliefe-
rung hinauszuführen. Immerhin lag in der unermüdlichen und
vielseitigen Bearbeitung der Antinomie des Endlich-Unendlichen,
wie sie gerade Marsilius von Inghen getreu den Überlieferungen
seiner Schule ausgiebig betrieb, der fruchtbare Keim für spätere
Problembildungen. Die Tradition dieser nachokkamistischen Natur-
philosophie hat auch den größten Schüler der mittelalterlichen
Heidelberger Universität berührt: Nikolaus von Cues, der später
eben diese Antinomie zum Ausgangspunkt seines mächtigen Ge-
dankensystems nahm. Indem er sie nicht auflöste, sondern ihre
Irrationalität mit vollem Bewußtsein in den Mittelpunkt der Welt-
betrachtung stellte, leuchtete er weit tiefer in die dunkle Proble-
matik des unendlichen Lebensstromes hinein, als den scholastischen
Aristotelikern des 14. Jahrhunderts gelungen war. Aber letzten
Endes ist er doch nur als die Schwelle zu betrachten, die von jenen
zur modernen Naturphilosophie hinüb erführt3.
Eine besondere Anwendung auf physikalische Einzelprobleme
erhielt die Theorie des LInendlichen durch die Lehre des Johann
von Jandun und Albert von Sachsen vom maximum der Kraft
und des Widerstandes4. In der Formulierung Alberts gibt es
1 Vgl. die vorigen Anmerkungen! — Hiernach ist auch die von Duhem
II, 405 angenommene Beziehung des Joh. Majoris zu M. v. I. hinfällig.
2 1. c. II, 45/6.
3 Das hat im einzelnen Duhem II, 100 ff. gezeigt. Die von ihm p. 157
aus den abbrev. phys. des M. v. I. zitierten Stellen, aus denen die Subjekti-
vität des Zeitbegriffes erhellt, scheinen mir ebensowenig wie die ganze
Behandlung dieses Problems von der Lehre des Aristoles abzuweichen. Wieso
gerade M. v. I. die Antinomie des Endlich-Unendlichen für unlösbar erklärt
haben soll (p. 126) ist mir nicht deutlich geworden.
4 Duhem II, 25 ff.
 
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