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Gerhard Ritter:
und Quantität, zwischen Intension und Extension: jede Vermeh-
rung und Verminderung des Ausgedehnten, das sich immer als
eine Summe von Einheiten auffassen läßt, geschieht durch Addition
bzw. Substraktion diskreter Teile; jede Steigerung oder Minde-
rung der Intensität dagegen erfolgt innerhalb einer gewissen
Spannungsweite (latitudo) und ohne daß von Addition oder Teil-
barkeit die Rede sein könnte; ein bestimmter Wärmegrad z. B.
wird nicht durch Addition anderer Wärmegrade vermehrt; jeder
Intensitätsgrad bildet vielmehr ein fest bestimmtes, unteilbares
Ganzes. Auf der Gegenseite (u. a. bei Skotus, Okkam, Gregor
von Rimini) sucht man den Gegensatz zwischen Qualität und
Quantität möglichst auszugleichen: es wird zwar anerkannt, daß
jede Qualität in jedem Intensitätsgrade eine völlig neue Einheit
(forma) bildet, daß ihre Vermehrung bezw. Verminderung kon-
tinuierlich ist und immer an demselben Substrat (subiectum) haftet,
also nicht wie bei der Quantität durch Hinzufügung bzw. Weg-
nahme diskreter, qualitativ bestimmter Teilsubstanzen verändert
werden kann. Aber dennoch kann ähnlich wie bei der Quantität
von einer Teilbarkeit und Addition bestimmter Qualitätsmengen
(quantitas vigoris im Gegensatz zu quantitas molis) die Rede sein.
Die Steigerung z. B. der Wärme geschieht durch die Addition
neuer Wärmemengen von Grad zu Grad, mag man nun mit Petrus
Aureoli diese hinzukommenden Qualitätsmengen für unfähig er-
klären, als losgelöste Realitäten für sich zu existieren, oder ihnen
mit Okkam die volle Realität zusprechen. Gewissermaßen quer
durch diese Debatte lief ein weiterer Gegensatz, der den Träger
der qualitativen Veränderung zum Streitobjekt nahm1: ist es die
forma qualitatis seihst, die gesteigert wird, oder ist diese in ihrem
Wesen unveränderlich, so daß die Steigerung bzw. Abnahme
durch die wechselnde Stärke der Rezeption der forma in dem kon-
kreten Träger der Formen (subiectum) begründet wird? Okkam
bejahte die letztere These, und seine Entscheidung wurde die vor-
herrschende in der „modernen“ Schule.
In den mir bekannten naturwissenschaftlichen Schriften unse-
res Autors finde ich keine ganz klare Stellungnahme zu dem Pro-
blem. Deutlicher wird seine Auffassung, wenn wir vom Sentenzen-
kommentar ausgehen. Die Erörterung erfolgt hier nicht, wie üblich
und auch von Gregor von Rimini durchgeführt, bei der Bespre-
1 Vgl. Prantl III, 223, 263, 273 f., 361 u. ö. (Register unter: forma)
IV, 5, 11, 95, 105.
Gerhard Ritter:
und Quantität, zwischen Intension und Extension: jede Vermeh-
rung und Verminderung des Ausgedehnten, das sich immer als
eine Summe von Einheiten auffassen läßt, geschieht durch Addition
bzw. Substraktion diskreter Teile; jede Steigerung oder Minde-
rung der Intensität dagegen erfolgt innerhalb einer gewissen
Spannungsweite (latitudo) und ohne daß von Addition oder Teil-
barkeit die Rede sein könnte; ein bestimmter Wärmegrad z. B.
wird nicht durch Addition anderer Wärmegrade vermehrt; jeder
Intensitätsgrad bildet vielmehr ein fest bestimmtes, unteilbares
Ganzes. Auf der Gegenseite (u. a. bei Skotus, Okkam, Gregor
von Rimini) sucht man den Gegensatz zwischen Qualität und
Quantität möglichst auszugleichen: es wird zwar anerkannt, daß
jede Qualität in jedem Intensitätsgrade eine völlig neue Einheit
(forma) bildet, daß ihre Vermehrung bezw. Verminderung kon-
tinuierlich ist und immer an demselben Substrat (subiectum) haftet,
also nicht wie bei der Quantität durch Hinzufügung bzw. Weg-
nahme diskreter, qualitativ bestimmter Teilsubstanzen verändert
werden kann. Aber dennoch kann ähnlich wie bei der Quantität
von einer Teilbarkeit und Addition bestimmter Qualitätsmengen
(quantitas vigoris im Gegensatz zu quantitas molis) die Rede sein.
Die Steigerung z. B. der Wärme geschieht durch die Addition
neuer Wärmemengen von Grad zu Grad, mag man nun mit Petrus
Aureoli diese hinzukommenden Qualitätsmengen für unfähig er-
klären, als losgelöste Realitäten für sich zu existieren, oder ihnen
mit Okkam die volle Realität zusprechen. Gewissermaßen quer
durch diese Debatte lief ein weiterer Gegensatz, der den Träger
der qualitativen Veränderung zum Streitobjekt nahm1: ist es die
forma qualitatis seihst, die gesteigert wird, oder ist diese in ihrem
Wesen unveränderlich, so daß die Steigerung bzw. Abnahme
durch die wechselnde Stärke der Rezeption der forma in dem kon-
kreten Träger der Formen (subiectum) begründet wird? Okkam
bejahte die letztere These, und seine Entscheidung wurde die vor-
herrschende in der „modernen“ Schule.
In den mir bekannten naturwissenschaftlichen Schriften unse-
res Autors finde ich keine ganz klare Stellungnahme zu dem Pro-
blem. Deutlicher wird seine Auffassung, wenn wir vom Sentenzen-
kommentar ausgehen. Die Erörterung erfolgt hier nicht, wie üblich
und auch von Gregor von Rimini durchgeführt, bei der Bespre-
1 Vgl. Prantl III, 223, 263, 273 f., 361 u. ö. (Register unter: forma)
IV, 5, 11, 95, 105.