Stadien zur Spätscholastik. I.
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plötzlich wieder in feierlicher Majestät hinter all den vergänglichen
Bildern irdischer Gedankenarbeit die überragende Macht der reli-
giösen Idee. Aber zunächst bildet das „natürliche“ Denken ein in
sich geschlossenes und auf sich selbst ruhendes System des Wissens
um die Dinge, das bis zu deren innersten Zusammenhängen vor-
dringt und in dem die Logik die formal richtigeVermittlung zwischen
den „Prinzipien“ und den daraus abgeleiteten Sätzen überwacht.
Wie man sieht, macht die Leugnung der außermentalen Exi-
stenz der Universalien dieser Metaphysik keine Sorgen. Wie ist das
zu begreifen? Wie können die „allgemeinsten Prinzipien“, aus
denen das metaphysische Wissen abzuleiten ist, eine tragfähige
Grundlage sachlicher Erkenntnis abgeben, da sie doch offenbar
nichts anderes als „notwendige“ Verbindungen allgemeiner Begriffe
darstellen und diese allgemeinen Begriffe wiederum bloße Gedanken-
gebilde sind ? Aristoteles hatte das Allgemeine als das in höherem
Sinne Wirkliche definiert, das den Einzelsubstanzen als das Wesent-
liche innewohne; so war begreiflich gemacht, daß die Wissenschaft
stets von der Erkenntnis des Einzelnen ausgeht und doch nur das
Allgemeine, d. h. das begriffliche Wesen der Dinge zu ihrem Gegen-
stand nimmt. Sie erfaßt in der Erkenntnis das Allgemeine im
Einzelnen. Diese Lösung schien die nominalistische Theorie zu
verbauen, indem sie die reale Existenz des universale in essendo
in jeder Form leugnete1. Der Intellekt kann nicht das Allgemeine
in den Dingen auffassen, da dieses Allgemeine nicht in den Dingen
existiert. Es gibt nur eine Wahrnehmung des Einzelnen und deren
Verarbeitung durch die Abstraktion des Verstandes. Wohl gibt es
ein universale in den außermentalen Dingen, aber nicht ein univer-
sale in essendo, sondern nur in causando, d. li. ein Ding kann zu-
gleich für mehrere andere Ursache sein; darum ist es selbst doch
ein Einzelnes, und in diesem Sinne ist auch Gott als die allgemeinste
Ursache zugleich das singularissimum, nicht als Begriff, sondern
als objektiver Gegenstand der Erkenntnis2. Denn der Begriff kann
1 L. VII, qu. 15 (Register nr. 63), a. 3, Bl. 107, b: mit ausdrücklicher
Wendung gegen das universale in vebus der antiqui, unter denen Albert
und Thomas besonders genannt werden. Natürlich hält M. v. I. diese Theorie
(wie schon Okkam) für echt aristotelisch. Ausführlich ferner: 1. VII, qu. 16
(Register nr. 64) BL 108v.
2 L. VII, qu. 15 (Register nr. 63), a. 3, co. 3 — 4, Bl. 107, b: Universale
in causando est distinctum a singulari in predicando, patet, quia tale non est
terminus, . . . [sed] non est distinctum a singulari in essendo. Deus enim, qui est
universalissimus in causando, est singularissimum in essendo. Vgl. auch oben
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plötzlich wieder in feierlicher Majestät hinter all den vergänglichen
Bildern irdischer Gedankenarbeit die überragende Macht der reli-
giösen Idee. Aber zunächst bildet das „natürliche“ Denken ein in
sich geschlossenes und auf sich selbst ruhendes System des Wissens
um die Dinge, das bis zu deren innersten Zusammenhängen vor-
dringt und in dem die Logik die formal richtigeVermittlung zwischen
den „Prinzipien“ und den daraus abgeleiteten Sätzen überwacht.
Wie man sieht, macht die Leugnung der außermentalen Exi-
stenz der Universalien dieser Metaphysik keine Sorgen. Wie ist das
zu begreifen? Wie können die „allgemeinsten Prinzipien“, aus
denen das metaphysische Wissen abzuleiten ist, eine tragfähige
Grundlage sachlicher Erkenntnis abgeben, da sie doch offenbar
nichts anderes als „notwendige“ Verbindungen allgemeiner Begriffe
darstellen und diese allgemeinen Begriffe wiederum bloße Gedanken-
gebilde sind ? Aristoteles hatte das Allgemeine als das in höherem
Sinne Wirkliche definiert, das den Einzelsubstanzen als das Wesent-
liche innewohne; so war begreiflich gemacht, daß die Wissenschaft
stets von der Erkenntnis des Einzelnen ausgeht und doch nur das
Allgemeine, d. h. das begriffliche Wesen der Dinge zu ihrem Gegen-
stand nimmt. Sie erfaßt in der Erkenntnis das Allgemeine im
Einzelnen. Diese Lösung schien die nominalistische Theorie zu
verbauen, indem sie die reale Existenz des universale in essendo
in jeder Form leugnete1. Der Intellekt kann nicht das Allgemeine
in den Dingen auffassen, da dieses Allgemeine nicht in den Dingen
existiert. Es gibt nur eine Wahrnehmung des Einzelnen und deren
Verarbeitung durch die Abstraktion des Verstandes. Wohl gibt es
ein universale in den außermentalen Dingen, aber nicht ein univer-
sale in essendo, sondern nur in causando, d. li. ein Ding kann zu-
gleich für mehrere andere Ursache sein; darum ist es selbst doch
ein Einzelnes, und in diesem Sinne ist auch Gott als die allgemeinste
Ursache zugleich das singularissimum, nicht als Begriff, sondern
als objektiver Gegenstand der Erkenntnis2. Denn der Begriff kann
1 L. VII, qu. 15 (Register nr. 63), a. 3, Bl. 107, b: mit ausdrücklicher
Wendung gegen das universale in vebus der antiqui, unter denen Albert
und Thomas besonders genannt werden. Natürlich hält M. v. I. diese Theorie
(wie schon Okkam) für echt aristotelisch. Ausführlich ferner: 1. VII, qu. 16
(Register nr. 64) BL 108v.
2 L. VII, qu. 15 (Register nr. 63), a. 3, co. 3 — 4, Bl. 107, b: Universale
in causando est distinctum a singulari in predicando, patet, quia tale non est
terminus, . . . [sed] non est distinctum a singulari in essendo. Deus enim, qui est
universalissimus in causando, est singularissimum in essendo. Vgl. auch oben