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Gradenwitz, Otto [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0025
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Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892.

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setzt worden, zwischen der Freundschaft für den ehemaligen Kanzler
und der für den aktiven deutschen Kanzler zu optieren und — vor
die Wahl gestellt, mit der Vergangenheit oderGegenwart zu rechnen,
mußte man sich wohl oder übel für die letztere entscheiden“1. Was
aber den geschwätzigen Greis des Grafen betrifft, so war dieser
immerhin noch imstande, auf die anonymen Regierungsartikel der
Norddeutschen Allgemeinen Zeitung am 4. Juli (H. N. M.-A.)
erwidern zu lassen: „Der Fürst hat seiner Verwunderung über die
komische Überhebung des freiherrlich v. Ohlendorffschen Blattes
drastischen Ausdruck gegeben, und wir können es nur als eine
dummdreiste Unverschämtheit bezeichnen, wenn Flerr Pindter über
den früheren Reichskanzler zu Gericht sitzen und sich den Anschein
der Überlegenheit geben will“ usw. mit furchtbarer Ironie; und
am Tage darauf (H. N. 5. 7. M.-A.) steht gegen dieselbe Zeitung2:
,,Es ist nichts leichter, als solche Injurien zurückzugeben, aber wir
halten dies unter unserer Würde. Wir beschränken uns auf die
Bemerkung, daß, wenn die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“
behauptet, der neue Kurs setze das Werk des Fürsten Bismarck,
also den alten Kurs fort und sie vertheidige ihn gegen seinen eigenen
Urheber, wir uns bezüglich der Urtheilskraft, die hinter dieser
Ansicht steht, gewisser Besorgnisse nicht entschlagen können.“
Swie wunt er was zem töde so krefteclich er sluoc!
Der erste der beiden Artikel, der den Fürsten nur im ersten
Satz beteiligt, und ihn im zweiten, faßbaren, aus dem Spiele läßt,
zeigt im kleinen die gleiche Art zu denken und zu formen, welche
nach F. Rachfahl3 der Fürst in dem von ihm ins Leben gerufenen
Balkandreibund bewährte, wo er bei dem Bund der drei Mächte
(Österreich, England, Italien) Pate stand, sich selbst aber aus dem
Spiel hielt.
Übrigens hat Graf Kälnoky der Soiree beim Grafen Palffy
angewohnt, die den Glanzpunkt der Geselligkeit bildete, und
wird sich der unheimlichen Erhabenheit des Momentes nicht ver-
schlossen haben, als der Graf Herbert — was ist dagegen das
dreimalige Aufstapfen eines Hofmarschallstabes — den Vater aus
dessen Appartements abholte, damit er der versammelten Aristo-
kratie Audienz gebe. In ergreifender Plastik ist durch diese Wiener
1 Allerdings gab es auch eine Zukunft.
2 Die „mit Schrecken zu erkennen“ behauptet, „daß die Erinnerungen
des Fürsten anfingen, sich völlig zu verwirren“.
3 Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 1920, S. 55, 64 ff.
 
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