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Gradenwitz, Otto [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0045
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Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892.

45*

Geht es dabei also ohne Kopfzerbrechen und Sorgen ab, so
fragte doch ein besorgtes Mitglied des Komitees den Minister, ob
nicht dem Fürsten vom Aufenthalt in Dresden abzuraten sei; diese
Frage ist aber vom Minister alsbald mit eben der Motivierung abge-
wiesen worden, wie sie Marschall dem Grafen Lerchenfeld1 und
später die Weimarer Regierung auf eine neue Instigation hin2 dem
preußischen Gesandten gibt: das würde die entgegengesetzte Wir-
kung haben.
Die Huldigung wird auf den Ehrenbürger von Dresden ge-
schoben, die öffentlichen, auch die städtischen Gebäude halten sich
von der Ausschmückung fern, da die Stadtverordneten dazu keine
Gelder bewilligt hatten, die Militärkapellen dürfen nicht mit-
spielen, Offiziere in Uniform den Kundgebungen nicht als Zu-
schauer beiwohnen. Kurz, die Regierung, verbietet den Privat-
personen nichts, macht aber ihrerseits nichts mit3 *, und läßt dies
durch ihren Berliner Gesandten dem Auswärtigen Amt zur Kenntnis
bringen. — Der Preußische Gesandte hat, und das ehrt diesen Herrn,
zunächst die Empfindung, dem Fürsten einen Besuch abstatten zu
sollen, wurde aber durch die Kopie des Wiener Erlasses eines
besseren belehrt. „Mehr in prohibitiver Weise zu tun, ist unmög-
lich — es würde auch vielleicht gerade erst recht zur Vergrößerung
der Ovationen provozieren, wenn man dagegen arbeiten wollte“
— wird vom Minister nach Berlin an den Gesandten geschrieben.
(Nr. 615.)
Aber obwohl die Stadtverwaltung sich darauf beschränkt, den
Fürsten durch eine vom Oberbürgermeister Stübel geführte Depu-
tation auf dem Bahnhofe durch eine kurze Ansprache begrüßen zu
lassen, nehmen die Ovationen, wie der Gesandte berichtet, einen
ungleich größeren Umfang an, als man erwartet hatte. — Es macht
sich also in diesem norddeutschen Bundesstaate, dem einzigen
Königreiche des Nordens, das Bestreben geltend, die Ovationen nur
privat zu gestalten, und darüber mit dem Preußischen Gesandten
1 der den analogen Wunsch des Prinzenregenten übermittelt.
2 H. N. vom 12. 8. A., aus der National-Zeitung: (Replik auf Dementi
17. 8. A.): ,,Im Übrigen erklärte die Regierung sehr zutreffend, daß bei dem
thüringischen Yolkscharakter hier jede Maßnahme zur Einschränkung der
geplanten Feier gerade die entgegengesetzte Wirkung haben würde.“
3 Infolge dessen werden auch Polizeibekanntmachungen tunlichst ver-
mieden, damit durchaus kein offizieller Charakter der Begrüßung anerkannt
werde. (Nr. 61h)
 
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