Metadaten

Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 7. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 2: Via antiqua und via moderna auf den deutschen Universitäten des XV. Jahrhunderts — Heidelberg, 1922

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38041#0050
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
50

Gerhard Ritter:

praktisch-kirchlichen Zwecken, als der Förderung theoretischer
Dogmatik diente. Dazu mag beigetragen haben, daß die Sentenzen-
vorlesung als Pflichtvorlesung der Bakkalare betrachtet wurde, die
Ordinarien dagegen nur zu kommentierenden Bibelvorlesungen ver-
pflichtet waren.
Im übrigen versiegt seit, etwa 1420 die literarische Überliefe-
rung — und vermutlich auch Tätigkeit — der Heidelberger Theo-
logen bereits bedenklich. Sieht man von einer Unmasse erhaltener
Predigtliteratur und akademischer Prunk- und Gelegenheitsreden
aus diesen Jahren ab — was mir davon zu Gesicht gekommen ist,
trägt durchweg theologisch gar keine Farbe —, so bleibt eigentlich
nur eine Gestalt als wissenschaftlicher Charakter erkennbar: die
des Pariser Magisters Johannes Wenck aus Herrenberg, der seit 1427
der Heidelberger theologischen Fakultät angehörte. Er trat hier
ein unter der Ägide des Nikolaus Magni von Jauer, damals wohl
des bedeutendsten Heidelberger Theologen, und erwarb sich wäh-
rend der Jahrzehnte bis 1460 — dreimal zum Rektor gewählt -
eine führende Stellung in Fakultät und Universität. Während des
Baseler Konzils hielt er — nach dem Zeugnis des Nikolaus von
Cues — auch dann noch zur konziliaren Partei, als Eugen IV. sich
von der Versammlung losgesagt hatte und die ganze übrige Uni-
versität zu vorsichtiger Neutralität übergegangen war. In dieser
Haltung ist er vielleicht dem großen Cusaner persönlich entgegen-
getreten1. Das Verzeichnis der von ihm verfaßten Schriften, die er
der Universität vermachte, weist außer einer Reihe von exegeti-
schen Arbeiten zum alten Testament, Predigten und erbaulichen
Abhandlungen u. a. eine Vorlesung über die „himmlische Hierarchie
des Dionysius Areopagita“ auf2, die schon ihrem Titel nach aus

1 Vgl. Nik. Cusani Apologia de docta ignorantia (in der 2bändigen un-
datierten Ausgabe der Heidelb. U.B., ohne Titelbl., veranstaltet von Rolan-
dus Marchio Pallavicinus, ca. 1502, Bl. 9413 — unsigniert —): ... ille wenck,
qui ab universis doctoribus heydelbergensis studii abierat et partem damnatam
basiliensium sumpsit, in qua fortassis pertinaciter persistit, veritalis defensorem
(i. e. Nie. Cusanum) pseudo-apostolum nominare non erubuit. Curavit enim,
ut eum ipsum . . . cunctis odiosum . . . faceret.
2 Circa dyonisium de celesti Jerarchia cum textibus dyonisii novissime
translationis (erhalten: Cod. pal. lat. Vat. 149, Bl. 1 — 139, datiert 1455).
Ferner: Kommentare zu Jeremiä Klagliedern, Genesis, Exodus, Leviticus;
ein exercicium in theologia; ein memoriale divinorum officiorum tarn de tempore
quam de sanctis (erhalten: in Karlsruhe Nr. 1036, in Mainz d. Original = cod.
Carthus. 132, in München Clin. 8868, Ostermontag 1446 vollendet); sermones
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften