Die Hausschwelle.
23
Die Griechen sind in dieser Beziehung von den Römern ganz
verschieden. Zwar Homer nennt die Schwelle, ουδός, ziemlich oft,
aber nicht in der für das Lateinische charakteristischen Be-
schränkung. Denn weder handelt es sich immer um ein Ein-
treten1, noch ist der alltägliche Verkehr ausgeschlossen: Wird doch
auch vom Herold Medon oder dem Schweinehirt Eumaeus, die
eine Nachricht der Herrin bringen, gesagt τόν δε κατ’ ουδοΰ
βάντα προσηυδα Πηνελόπεια (δ 680. ρ 575). So ist es ganz unmög-
lich, die Gepflogenheit Homers aus derselben Ursache zu er-
klären wie den Sprachgebrauch der Römer. Wahrscheinlich be-
ruht sie nicht auf irgendwelchem Volksbrauch oder Glauben,
sondern entspricht der Neigung des Dichters, im Erzählen auch
zu beschreiben und zu malen. 'Er überschritt die Schwelle' gibt
der Vorstellung des Hörers ein bestimmteres Bild als einfaches
'er ging hinein5, daher hat der Dichter jene Wendung in seinen
Formelschatz aufgenommen. Sie stellt sich also Wendungen wie
εκ δ5 έλασεν προθύροιο και αιθούσης έριδούπου2 * (Ω 323 u. ö.), χήρωσας
δε γυναίκα μυχψ θαλάμοιο νεοιο (Ρ 36), weiter πολιήν άλα τυπτον
έρετμοΐς, οί δ5 επ’ όνείαθ5 έτοιμα προκείμενα χεΐρας ί'αλλον, 'ίπποι κονίοντες
πεδίοιο usw. zur Seite, mit denen Vorgänge und Handlungen des
täglichen Lebens durch beschreibende Zutaten anschaulich gemacht
werden. Wäre der Dichter denn Homer, wenn er nichts weiter
gesagt hätte als 'er verließ den Palast5 oder 'sie fingen an zu
essen5? Aus demselben Streben, Anschauung zu erwecken, erklärt
sich die Formel όλοψ έπι γήραος ούδιίμ die sich mit bildlichen
Umschreibungen wie επ' εύρέα νώτα θαλάσσης, θανάτου δε μέλαν
νέφος άμφεκάλυψεν (Π 350), ποιόν σε έπος ψύγεν έρκος όδόντων ver-
gleichen läßt. So gehört die Schwelle bei Homer zu dem herr-
lichen poetischen Schmuck seines Stils, mit dem die Rede des
Plautus und der lateinischen Prosa wenig oder nichts gemein hat.
Ebenso auffallend, ja dem oberflächlichen Betrachter noch
auffallender erscheint das Interesse der Römer für die Schwelle,
wenn man ihre Sprache mit der der nachhomerischen Griechen
vergleicht. Aristophanes und Menander, Herodot und Thucydides,
Plato und Aristoteles, Lysias, Demostheues und Aeschines und
vermutlich noch viele andere verwenden ουδός oder die prosaische
1 Z. B. in dem freilich singulären I 404 oub’ δσα λάϊνος ουδός άφήτορος
έντός έεργει.
2 Vgl. α 103 στη δ’ Ιθάκης ένΐ δήμιυ έπΐ προθύροισ1 Όδυσήος ουδοΰ έττ
αυλείου.
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Die Griechen sind in dieser Beziehung von den Römern ganz
verschieden. Zwar Homer nennt die Schwelle, ουδός, ziemlich oft,
aber nicht in der für das Lateinische charakteristischen Be-
schränkung. Denn weder handelt es sich immer um ein Ein-
treten1, noch ist der alltägliche Verkehr ausgeschlossen: Wird doch
auch vom Herold Medon oder dem Schweinehirt Eumaeus, die
eine Nachricht der Herrin bringen, gesagt τόν δε κατ’ ουδοΰ
βάντα προσηυδα Πηνελόπεια (δ 680. ρ 575). So ist es ganz unmög-
lich, die Gepflogenheit Homers aus derselben Ursache zu er-
klären wie den Sprachgebrauch der Römer. Wahrscheinlich be-
ruht sie nicht auf irgendwelchem Volksbrauch oder Glauben,
sondern entspricht der Neigung des Dichters, im Erzählen auch
zu beschreiben und zu malen. 'Er überschritt die Schwelle' gibt
der Vorstellung des Hörers ein bestimmteres Bild als einfaches
'er ging hinein5, daher hat der Dichter jene Wendung in seinen
Formelschatz aufgenommen. Sie stellt sich also Wendungen wie
εκ δ5 έλασεν προθύροιο και αιθούσης έριδούπου2 * (Ω 323 u. ö.), χήρωσας
δε γυναίκα μυχψ θαλάμοιο νεοιο (Ρ 36), weiter πολιήν άλα τυπτον
έρετμοΐς, οί δ5 επ’ όνείαθ5 έτοιμα προκείμενα χεΐρας ί'αλλον, 'ίπποι κονίοντες
πεδίοιο usw. zur Seite, mit denen Vorgänge und Handlungen des
täglichen Lebens durch beschreibende Zutaten anschaulich gemacht
werden. Wäre der Dichter denn Homer, wenn er nichts weiter
gesagt hätte als 'er verließ den Palast5 oder 'sie fingen an zu
essen5? Aus demselben Streben, Anschauung zu erwecken, erklärt
sich die Formel όλοψ έπι γήραος ούδιίμ die sich mit bildlichen
Umschreibungen wie επ' εύρέα νώτα θαλάσσης, θανάτου δε μέλαν
νέφος άμφεκάλυψεν (Π 350), ποιόν σε έπος ψύγεν έρκος όδόντων ver-
gleichen läßt. So gehört die Schwelle bei Homer zu dem herr-
lichen poetischen Schmuck seines Stils, mit dem die Rede des
Plautus und der lateinischen Prosa wenig oder nichts gemein hat.
Ebenso auffallend, ja dem oberflächlichen Betrachter noch
auffallender erscheint das Interesse der Römer für die Schwelle,
wenn man ihre Sprache mit der der nachhomerischen Griechen
vergleicht. Aristophanes und Menander, Herodot und Thucydides,
Plato und Aristoteles, Lysias, Demostheues und Aeschines und
vermutlich noch viele andere verwenden ουδός oder die prosaische
1 Z. B. in dem freilich singulären I 404 oub’ δσα λάϊνος ουδός άφήτορος
έντός έεργει.
2 Vgl. α 103 στη δ’ Ιθάκης ένΐ δήμιυ έπΐ προθύροισ1 Όδυσήος ουδοΰ έττ
αυλείου.