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Meister, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 3. Abhandlung): Die Hausschwelle in Sprache und Religion der Römer — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38945#0015
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Die Hausschwelle.

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liehen super Urnen getrennt. Wir werden später manches bei En-
nins finden, bei Plautus besser erkennen, was als Übergang des
ursprünglichen Ausdrucks zu dem bei Terenz umgeformt vor-
liegenden aufgefaßt werden muß. Zunächst aber soll gezeigt werden,
daß das als Grundform postulierte super Urnen im vorliterarischen
Latein existiert haben kann und wahrscheinlich noch in plauti-
nischer Zeit in einer bestimmten Wendung existiert hat.
5. Super limen im Hochzeitsritus.
In der Sprache des Plautus könnte super limen in der Be-
deutung 'über die Schwelle’ nicht aufgekommen sein. Er gebraucht
ja super nur in übertragener Bedeutung ('inbetreff’) und verbindet
es stets mit dem Ablativ1. Aber im vorliterarischen Latein muß
die Präposition super auch räumlichen Sinn gehabt haben, das
beweisen die verwandten Wörter superi (Plaut.), supra (Plaut.), in-
super (Cato)2 3 und die entsprechenden Präpositionen der anderen
indogermanischen Sprachen, vor allen das umbrische superz und
das homerische υπέρ4. Vermutlich ist es aus dieser Gebrauchs-
sphäre durch das form- und bedeutungsverwandte supra ver-
drängt worden, das durch die korrespondierenden Präpositionen
infra intra extra gestützt war, ebenso wie sich intra bei Plautus
an die Stelle des räumlichen inter gesetzt hat (Hand, Tursellinus III,
p. 387 ff.)5. Daß in der Sprache der älteren Republik Wendungen
wie das von uns postulierte super Urnen geläufig gewesen sind.

1 Ci. 660 Quid nuntias super anu? Amph. 58 Teneo quid animi vostri super
Jiac re siet, ferner Aul. 683, Ba. 177. 195. 367, 562, Cas. 254, Mil. 1212, Mo. 727 u. a.
— Ps. 948 savia super savia quae det, ist eine Konjektur, die aus unseren Aus-
gaben getilgt weiden sollte.
2 Agr. 18, 5 (beim Bau der Kelter) insuper cirbores stipitesque trabem plancnn
inponito; vgl. 18, 6; 21,4.
3 I b 41 ivekci percikre tuse(t)u super kumne arfertur 'iuvencam opimam
fugato super comitio flamen’, IV, 19 vestigia . . . super eregle . . . purtuvitu 'libamen-
tum . . . super sacrario . . . porricito’. Eine genauere Interpretation wird viel-
leicht gegeben werden können, wenn uns jemand den ersehnten sachlichen
Kommentar zu den umbrischen Religionsakten schenkt (Joh. Bapt. Hofmann,
Altital. Dialekte, in dem Buch 'Stand und Aufgaben der Sprachwissenschaft’, Fest-
schrift f. Wilh. Streitberg zum 23. Febr. 1924, Heidelberg 1924).
4 In Wendungen wie i 260 άποπλαγχθεντες . . . υπέρ μεγα λαΐτμα θαλάσσης,
ι 254 άλάλησθε . . . ύπείρ άλα, χ 182 ύπέρ oöbov έβαινε.
5 In nachplautinischer Zeit hat die übermächtige Gruppe jener Präpositionen
auch contra (mit ursprünglich kurzem a) zu ihrer Form hinübergezogen.
 
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