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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0017
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Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts.

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seiner Kriminalgerichtsbarkeit1. Er hob ihn durch starke Privi-
legierung aus der Menge der Bürger zu einem eigenen Stand heraus,
der immer gesuchter wurde, aber er setzte dem Zulauf wieder
Schranken2 und erhob den Anspruch, durch seine Erlasse das
ganze Leben der Kirche zu ordnen, und sah selbst die Zusammen-
künfte der Bischöfe, zumal das geistliche Reichsparlament, das er
nach Nicaea berief, als eine Staatsangelegenheit an3.
In diesen Spuren ging es weiter, nur daß das staatliche Recht
immer stärker geltend gemacht wurde. Das lag nahe auf den Ge-
bieten, die eine staatliche und eine kirchliche Seite hatten, wie dem
des kirchlichen Vermögensrechtes, und hier am nächsten wieder
da, wo der Staat selbst Rechte verliehen hatte: das Recht des
Klerus Legate anzunehmen wird — wenigstens zeitweise — ein-
geschränkt, die Befreiung von der Gewerbesteuer, von den Grund-
lasten muß (im Westen) zurückgenommen werden4. Aber auch
auf dem Gebiete der kirchlichen Gerichtsbarkeit wird 398 und
408 für beide Reichshälften die Anerkennung der konkurrierenden
bischöflichen Zivilgerichtsbarkeit zurückgenommen und nur als
Schieds- und Disziplinargericht in Geltung belassen5. Viel schärfer
wird in die kirchliche Verwaltung eingegriffen. Was ging es den
Staat an, wie alt die Diakonissen sein durften, was, ob Mönche in
der Einöde oder der Stadt wohnten, da doch der Geist sich die
Bestimmung von Zeit und Ort vorbehielt, wo und wie er wirken
wollte —• was hatte der Kaiser 386 den Handel mit Reliquien und
die Übertragung von Märtyrerleichen zu verbieten6! Die Kirche
mußte das alles eigentlich als unerhört und unerträglich empfinden.
Den wichtigsten Punkt aber umging der Staat geflissentlich, außer
in besonderen Fällen, die Wahl der Gemeindeleiter, die Besetzung
der Bistümer, obgleich es doch bereits dem heidnischen Kaiser
Aurelian nicht gleichgültig gewesen war, wer auf dem Stuhl von
1 Constit. Sirm. 1 u. 17; Loening I, 291 ff.; Seuffert 1. c.; H. v.
Schubert 1. c. S. 414, 546.
2 Cod. Theod. XVI, 2, 3. Loening, 1. c. S. 149f.; H. v. Schubert,
1. c. S. 545, 548f.
3 H. v. Schubert, 1. c. S. 424, 441f.
4 Cod. Theod. XVI, 2, 20, da gegen leg. nov. Marc. tit. Y; cod. Theod.
XV, 6, 3 und leg. nov. III, tit. IX; cod. Theod. XIII, 1, 16 und nov. Yal.
III, tit. 34, 4. Loening I, 174, H. v. Schubert S. 695f.
5 Cod. Just. I, 4, 7; const. Sirm. 18.
6 Cod. Theod. XVI, 2, 27 u. 3 (390); IX, 17, 7.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-kist. Kl. 1926/2? 2. Abb.

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