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Hans v. Schubert:
Das geschah nach dem Augsburger Religionsfrieden, der im
Reich staatsrechtlich die Parität schuf. Wenigstens der Teil der
Christenheit, der gerettet war vor „den Füchsen, die in den Wein-
berg des Herrn, und den Wölfen, die in den Schafstall Christi ein-
gebrochen“ waren, spürte wieder die Hand des römischen Richters.
Es war auch das Jahr der ersten calvinistischen Generalsynode in
Paris. „Wer inskünftig in Ketzerei und Schismen fällt“, lautet der
Spruch des Papstes Paul, der geht eo ipso seines Amtes und Rechtes
verlustig, auch Grafen, Herzoge, Könige und Kaiser, penitus et in
totum perpetuo — dem Abfall war ein Halt zugerufen. Auf dem
geschmälerten Gebiete sollte die alte Ordnung um so fester auf-
gerichtet werden. Das Tridentinische Konzil, in Wahrheit eine
romanische Synode1, hat erst in der dritten, abschließenden Periode,
nach dem Erlaß jener Bulle und nach dem Augsburger Frieden,
über die Verfassung wieder das Notwendigste festgelegt, nachdem
in den ersten beiden Perioden der Katholizismus als religiös-dogma-
tische Größe gegenüber dem Protestantismus scharf umgrenzt und
damit vor weiterem Zerfließen bewahrt war. Das Konzil, vom Kaiser
mehr als von Rom herbeigeführt, war noch keineswegs eine Er-
neuerung mittelalterlicher Lateransynoden, also ein Werkzeug zu
Händen des Papstes. Es enthält keinen Abschnitt eigens über die
Kirche und eigens über ihre Stellung zum Staat. Weder wurde die
Frage der konziliaren oder kurialen Souveränität, also der innere
Rechtsstreit, endgültig erledigt, noch auch das Verhältnis zur
weltlichen Macht geklärt: wer nur durch diese zum geistlichen Amt
kommt, ist allerdings ein Räuber, und wer sagt, daß ihre Zustim-
mung und Autorität zur Gültigkeit der Ordination unumgänglich
erforderlich sei, ein Verfluchter2. Von Ablehnung ihrer Beteiligung
ist doch nicht die Rede, wie man sieht. Immerhin, innerhalb dieses
selben Abschnittes, der Lehre vom Sakrament der Priesterweihe,
wurde (1563) das Fundament der kirchlichen Verfassung, die apo-
stolische Nachfolge der Bischöfe neu festgestellt und die Hierarchie
1 Während der ersten beiden Perioden nahmen nur 8 deutsche Prä-
laten, in der 3. nicht einmal so viel teil, an den Sitzungen über hl. Schrift und
Rechtfertigung keiner. Die von der Görresgesellschaft hrsgg. Sammlung der
Akten liegt jetzt für die erste und wichtigste Periode fertig vor, soweit
es die Akten, Tagebücher und Briefe angeht; die dogmat. Dekrete bei Mirbt
S. 290—337. Über die Nachwirkungen der spätmittelalterlichen Reformideen,
die konziliare und episkopale Frage in der 1. Periode von Trient, jetzt das
Buch von K. D. Schmidt, Studien zur Geschichte des Konzils von Trient (1925).
2 Sessio XXIII v. 15. VII. 1563, c. 4. Mirbt S. 3273Qff.
Hans v. Schubert:
Das geschah nach dem Augsburger Religionsfrieden, der im
Reich staatsrechtlich die Parität schuf. Wenigstens der Teil der
Christenheit, der gerettet war vor „den Füchsen, die in den Wein-
berg des Herrn, und den Wölfen, die in den Schafstall Christi ein-
gebrochen“ waren, spürte wieder die Hand des römischen Richters.
Es war auch das Jahr der ersten calvinistischen Generalsynode in
Paris. „Wer inskünftig in Ketzerei und Schismen fällt“, lautet der
Spruch des Papstes Paul, der geht eo ipso seines Amtes und Rechtes
verlustig, auch Grafen, Herzoge, Könige und Kaiser, penitus et in
totum perpetuo — dem Abfall war ein Halt zugerufen. Auf dem
geschmälerten Gebiete sollte die alte Ordnung um so fester auf-
gerichtet werden. Das Tridentinische Konzil, in Wahrheit eine
romanische Synode1, hat erst in der dritten, abschließenden Periode,
nach dem Erlaß jener Bulle und nach dem Augsburger Frieden,
über die Verfassung wieder das Notwendigste festgelegt, nachdem
in den ersten beiden Perioden der Katholizismus als religiös-dogma-
tische Größe gegenüber dem Protestantismus scharf umgrenzt und
damit vor weiterem Zerfließen bewahrt war. Das Konzil, vom Kaiser
mehr als von Rom herbeigeführt, war noch keineswegs eine Er-
neuerung mittelalterlicher Lateransynoden, also ein Werkzeug zu
Händen des Papstes. Es enthält keinen Abschnitt eigens über die
Kirche und eigens über ihre Stellung zum Staat. Weder wurde die
Frage der konziliaren oder kurialen Souveränität, also der innere
Rechtsstreit, endgültig erledigt, noch auch das Verhältnis zur
weltlichen Macht geklärt: wer nur durch diese zum geistlichen Amt
kommt, ist allerdings ein Räuber, und wer sagt, daß ihre Zustim-
mung und Autorität zur Gültigkeit der Ordination unumgänglich
erforderlich sei, ein Verfluchter2. Von Ablehnung ihrer Beteiligung
ist doch nicht die Rede, wie man sieht. Immerhin, innerhalb dieses
selben Abschnittes, der Lehre vom Sakrament der Priesterweihe,
wurde (1563) das Fundament der kirchlichen Verfassung, die apo-
stolische Nachfolge der Bischöfe neu festgestellt und die Hierarchie
1 Während der ersten beiden Perioden nahmen nur 8 deutsche Prä-
laten, in der 3. nicht einmal so viel teil, an den Sitzungen über hl. Schrift und
Rechtfertigung keiner. Die von der Görresgesellschaft hrsgg. Sammlung der
Akten liegt jetzt für die erste und wichtigste Periode fertig vor, soweit
es die Akten, Tagebücher und Briefe angeht; die dogmat. Dekrete bei Mirbt
S. 290—337. Über die Nachwirkungen der spätmittelalterlichen Reformideen,
die konziliare und episkopale Frage in der 1. Periode von Trient, jetzt das
Buch von K. D. Schmidt, Studien zur Geschichte des Konzils von Trient (1925).
2 Sessio XXIII v. 15. VII. 1563, c. 4. Mirbt S. 3273Qff.