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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0015
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Politische Prozesse.

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eigene Entwicklungstendenzen hier nicht weiter verfolgt werden
können. Aber daß die Scheidung sich so lange erhalten hat, das
kann zweifellos nicht als bloß zufällige Übereinstimmung, sondern
nur als voller Beweis dafür gewertet werden, daß es sich um altes
gemeinsames Rechtsgut aus der Periode des fränkischen Volks-
rechts handelt.
Es ist für unsre Zwecke nicht notwendig, diesen retrospektiven
Beweis im ganzen Umfange vorzuführen. Für das französische,
normannische und englische Recht glaube ich auf meine frühere
Arbeit verweisen zu dürfen1. Für Italien mag vorläufig der Hin-
weis auf die älteren Ergebnisse Wachs2 und Fickers3 genügen. Das
niederländische Material hat van Kuyk4 gut aufgearbeitet. Für
Deutschland ist die Verlegenheit am größten, da der Umfang des
Nachwirkungsgebietes der fränkischen Rechte, nachdem Mayer-
Hombergs Arbeiten vorzeitig abgebrochen sind, noch nicht mit
voller Sicherheit festgestellt werden kann. Immerhin ist es metho-
disch wohl zulässig, die Rechtsbücher des 13. Jhdts. als Zeugen auf-
zurufen, wobei man es dahingestellt lassen kann, ob die augenfällige
Übereinstimmung auf einer nicht mehr nachweisbaren Frührezep-
tion5 oder Oktroyierung6 7 fränkischen Prozeßrechts oder auf einer
urtümlichen Übereinstimmung des sächsischen und des fränkischen
Stammesrechts beruht. Für das sächsische Recht genügt die cha-
rakteristische Gegenüberstellung von Ssp. I, 67, § 2:
Sve nicht vore ne kumt to deme dridden degedingen, den vervest1 man
mit Ssp. II, 9, § 1:
1 Studien S. 151 ff., 185ff. Für das normannische Recht werden meine
Feststellungen neuestens verwertet von Jean Yver, Les contrats dans le tres
ancien droit normand, 1926, p. 221ss.
2 Der italien. Arrestprozeß, 1868, S. 183ff.
3 Insbesondere Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens I,
S. 32, wo F. Anm. 1 zu § 10 den Gegensatz andeutet: „Eine Abweichung [sc.
vom Ladungsungehorsamsverfahren] ist mir nur auf gef allen bei einem 1022 im
Beneventanischen abgehaltenen Reichsgerichte; der Beklagte ist in einem
späteren Termin ungehorsam; auf Befehl des Kaisers wird nun der Kläger
nach Laut seiner Urkunden, wonach also doch wohl der Beweis und nicht
bloß der Ungehorsam den Ausgang bilden wird, investiert .. T
4 Jan van Kuyk, Historische beschouwingen over het antwoord van
den gedaagte, 1908; Rechtsingang en verstek in de middeleeuwsch-stedelijke
procedure, Themis 1909, 1910.
5 Dafür Sohm, ZRG. 1, S. 26ff.; Schröder-v. Künssberg, RG., S. 709.
6 So v. Schwerin, Einführung, S. 37, N. 2.
7 Über Yerfestung vgl. jetzt His, Strafrecht des MA. I (1920), 433ff.
 
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