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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0053
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Politische Prozesse.

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und Hallers von vornherein etwas unwahrscheinliche Erklärung
des legitimum trinum edictum als einen dreimaligen Ausruf im
Lehnsgericht (siehe Wagners Lohengrin!) mit hinunterschlucken.
Denn man fand aus den Geschichtsschreibern höchstens vier be-
nannte Termine zusammen; wenn also drei für das Landrechts-
verfahren absorbiert waren, mußte sich das ganze Lehnsverfahren
auf einen Tag zusammendrängen lassen.
Habent sua fata libelli: Hallers Stern erbleichte, als Güter-
bock 1920 mit schwerem Geschütz gegen trina vorging. Er reha-
bilitierte das entthronte quia im ganzen Umfange und beseitigte
die Zweifel an der Einmaligkeit der landrechtlichen Ladung seiner
Ansicht nach völlig durch Einführung des edictum unum pro
omnibus (D. 5, 1, 72)1, dessen Verwendung in Kaiserurkunden er
für 1177 und 1196 nachwies. Nun hatte er die Kritik auf seiner
Seite, so erklärte z. B. Hampe2 die Konjektur3 trina für „rettungslos
beseitigt“. Auch der paläographische Befund Güterbocks schien
völlig einwandfrei: Seine Messungen taten dar, daß trina die Lücke
zwischen nobilium und citatione sprengen würde. Eine Photo-
graphie mit ultravioletten Strahlen4 beseitigte Hallers Beob-
achtung einiger auf trina deutenden Schriftreste.
Es ist nun höchst beachtenswert, daß trotz dieser mit aller
erdenklichen Akribie gesicherten Ergebnisse ein Paläograpb vom
Range Erbens noch einmal eine Nachprüfung unternahm und in
einigen schwerwiegenden Punkten Bedenken äußerte. Diese be-
treffen zunächst die Messungen Güterbocks, deren absolute Ge-
nauigkeit bestritten wird mit Rücksicht auf die Ungleichmäßigkeit
in der „Weite“5 der Schrift und auf die aus der Faltung des Perga-
ments entstandene Rissigkeit, die nicht einmal eine genaue Breiten-
messung im ganzen ermöglichen6. Andererseits legt Erben auf

1 Das Zitat bei Güterbock II S. 114 Anm. 1 entspricht weder der jetzt
noch der früher üblichen Form der Digestenzitate.
2 Wissensch. Forschungsber. VII, S. 76.
3 Denn um eine solche und nicht um eine „Lesart“, wie meist gesagt
wird, handelt es sich.
4 Güterbock II, S. 17. Die Nachprüfung der Photographie mit ultra-
violetten Strahlen ist durch die Anwendung von Reagentien unmöglich ge-
worden, ebda. S. 12.
5 Im Sinne von Klages, Handschrift und Charakter, S. 68. Erben
selbst spricht von „Dichte“.
6 Haller maß 491/2, Güterbock 471/2 cm obere Breite. Bei der Be-
sichtigung des Originals selbst (die ich im August 1926 vorgenommen habe)
 
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