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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0082
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82

Heinrich Mitteis:

Es scheint auch, als habe die erstarkende königliche Gewalt die
Parteien öfters zu kontradiktorischem Verhandeln zu bewegen
gewußt1. Es war dies ein Stück jenes großen Assimilationsprozesses,
jener Gewöhnung an Unterordnung unter den Souzerän, die ein
außenpolitisch so schwacher Monarch wie Ludwig VII. durch eine
Art religiöser Sublimation des Königtums fertig gebracht hat. Es
ist, als ob der außenpolitische Druck zu intensiverer Ausbildung
eines frühen nationalen Zusammengehörigkeitsgefühls geführt hätte.
,,Le grand nombre de petits seigneurs ou d^avoues qui, sons le regne
de Louis le Jeune, se rendent mix citations de la cour du Roi fournit
un autre preuve des progres que Vautorite royale a accomplis sur la
territoire de Vancien patrimoine des Capetiensu, sagt Luchaire2.
Merkwürdig wenig Material für unser Thema liefert die erste
Zeit Philipp Augusts. Unter seinen zahlreichen Urkunden, deren
Regesten Leopole Delisle3 gesammelt hat, spielen die Gerichts-
urkunden eine verschwindend geringe Rolle4. Ob hier neue Publi-
kationen Wandel bringen werden, bleibt abzuwarten. So sind wir
auch hier wesentlich auf unsichere historiographische Nachrichten
angewiesen. Unter ihnen scheint mir eine besonders bemerkens-
wert, die in den großen Zusammenhang der Auseinandersetzung
zwischen Philipp August und dem Grafen Philipp von Flandern
hineingehört, dessen ursprüngliche Vertrauensstellung am Hofe
sich in erbitterte Gegnerschaft verwandelt hatte. Es ist nicht
nötig, aus den höchst verwickelten und von Irrtümern durchsetzten
Rerichten französischer und englischer Autoren die ganze Vor-
geschichte herauszuschälen5. Es genügt klarzustellen, daß das
Schicksal einer einzelnen Landschaft, des Vermandois, Anlaß zu

1 Im Jahre 1175 verspricht Simon de Neauphle in praesentia nostra
constitutus eine Buße für die Tötung des Simon von Maurepas; Luchaire II,
312; Martene et Durand, Thesaurus novus anecdotorum (Edit. 1717) I,
p. 587.
2 Bei Lavisse III, p. 77. Ähnlich schon Langlois, Les origines du Par-
lament de Paris, Rev. hist. 42 1890, p. 84.
3 L. Delisle, Catalogue des actes de Philippe Auguste, Paris 1856.
4 Bis 1200 habe ich nur eine einzige Erwähnung eines Urteils der curia
regis gefunden (Nr. 168 der genannten Sammlung von 1186). Die ganze Samm-
lung enthält ca. 15 Gerichtsurkunden. Bei Delaborde, Recueil des actes de
Philippe-Auguste I, 1916 [bis Mai 1194 reichend], befinden sich unter 476 Num-
mern nur 6 Gerichtsurkunden, davon 3 dieselbe Sache (commune von Laon)
betreffend.
5 Ygl. darüber Cartellieri, Philipp August I, S. 135ff.
 
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