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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0106
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106

Heinrich Mitteis:

der Gegend abhängt, in dem das Ursprungskloster liegt, als von
der persönlichen Stellung und den Beziehungen des Abtes. Und
unter den Gewährsmännern der Äbte von Margham war Wilhelm
von Briouze, Vertrauter Johanns, der sich zur Zeit der Ermordung
Johanns erwiesenermaßen in Rouen aufgehalten hatte, der könig-
licher Beamter in Glamorgan war und öfters als Urkundsperson bei
Vergabungen des Klosters auftrat1. Es ist sehr wahrscheinlich, daß
auf ihn die genaue Kenntnis der Annalisten von Ermordung und
Ladung deswegen zurückging. Cartellieri2 wertet ebenfalls die An-
nalen von Margham als vorzügliche Quelle; nach ihm läge sogar die
Möglichkeit vor, daß dem Verfasser das Ladungsschreiben Vor-
gelegen hätte, da nur so die genaue Fassung zu erklären sei. Frei-
lich hat Petit-Dutaillis3 die Annalen von Margham zu diskredi-
tieren versucht und ihre Lobredner böse gezaust. Nach ihm sind
sie nicht schichtenweise entstanden, sondern von einem Autor erst
nach 1230 in einem Zuge aufgezeichnet; Guillaume de Briouze ist
ihm ein dunkler Ehrenmann, der seinen Wohltäter Johann — viel-
leicht erst nach dem Huldverlust von 12074 — anzuschwärzen ver-
sucht, um sich reinzuwaschen. Aber das sind alles temperament-
volle Hypothesen, deren weitere Erhärtung abzuwarten wäre. Bis
dahin wird man wohl mit den von den Annalen von Margham
festgelegten Fakten zu rechnen haben.
Wird es sonach vielleicht nie gelingen, die zweite Verurteilung
Johanns ohne Land zu völliger historischer Gewißheit zu erheben,
so ist nach dem Gesagten doch eine große Wahrscheinlichkeit dafür
vorhanden. Und es bleibt noch zu fragen: Welchen Zweck konnte
Philipp August damit verfolgen ? Wir haben schon gesehen, Guil-
hiermoz hatte bei dem Lehnsurteil die Normandie ausgenommen,
da er ihren Verlust zum Inhalt des ,,forbannissement“ machen
wollte. Petit-Dutaillis leugnete umgekehrt das forbannissement,
weil er keinen Inhalt dafür angeben konnte. Beides ist nicht stich-
haltig. Freilich — die entscheidende Tatsache, der Verlust der Nor-
mandie, ist schon 1202 eingetreten. Das Urteil, das Welt-
geschichte machte, war das lehnrechtliche, nicht das
strafrechtliche. Daß Johann die Normandie verlor, weil er
Arthur ermordet hatte, ist unrichtig. Die Tendenz des zweiten
1 Powicke, a. a. O., p. 468ss.
2 A. a. 0., IV, 1, S. 1822.
3 A. a. O., p. 85ss.
4 Darüber vgl. Norgate, John Lackland, p. 287ss.
 
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