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Jänecke, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 3. Abhandlung): Die drei Streitfragen am Grabmal Theoderichs — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38937#0016
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16

Wilhelm Jänecke:

dieser Frage halten. Viel eher als Haupts zu kleinlicher Zeichnung
wäre einer ursprünglichen Anordnung, wie Schulz sie entworfen
hat, zuzustimmen, obwohl sie gegenüber den sonst am Bau vor-
kommenden Formen zu reich und zu zierlich erscheint (s. Abb. 5).
Und wenn das Obergeschoß in den erhaltenen Teilen Formen von
ausgesprochen unantiker Auffassung zeigt, so daß auch Schulz die
Mitwirkung gotischer Steinmetzen mit germanischem Empfinden
für wahrscheinlich hält, so ist es höchst unwahrscheinlich, daß diese
veränderte, mehr germanisch gefühlte Formgebung vor den von
Schulz angenommenen Säulenstellungen, die einer sehr zierlichen
Spätantike entlehnt sind, Halt gemacht haben sollte1. Endlich
fehlt auch für Schulz’ bestechend begründete Ergänzung jeder
eigentliche Beweis, weil die Steinschicht, auf welcher die Säulen
gestanden haben müßten, mit dem abschließenden Gesimse
des Untergeschosses 1774 bei Ausführung der Freitreppe ver-
schwunden ist, sich also untere Spuren der Säulenstellung ebenso
wenig nachweisen lassen wie untere Spuren für die von Durm
angenommene Steinbrüstung, die etwas nach moderner Ecole
des beaux arts schmeckt (s. Abb. 3).
Aus den Zeichnungen San gallos um 15002 und dem allerdings
sehr klein ausgefallenen Hintergrundsbau auf Giovanni Bellinis um
1475 entstandener Verklärung in Neapel3 wissen wir, wie die Archi-
tektur des Obergeschosses um diese Zeit ausgesehen hat (s. Abb. 6).
Es waren unverzierte glatte Bögen, die auf den derben Konsolen
saßen, von denen heute noch 4 vorhanden sind. Sie machen aber
in der Zeichnung nicht den Eindruck eines von Anfang an geplanten
Zustandes, scheinen auch — d. h. die Bögen — eher in verputztem
Backstein ausgeführt gewesen zu sein. Die Annahme, daß sie
1 Als einzigen zweifelhaften Anhalt bringt Schulz nur das von ihm an
anderer Stelle gefundene Marmor-Kapitälchen. Seine Säulenstellungen in der-
selben Flucht wie die heute störende Altarnische (s. Abb. 2) sind genial erfun-
den, können aber trotzdem nicht überzeugen, schon weil sie die um die oberen
Ecken herumlaufenden Einarbeitungen nicht berücksichtigen.
2 Deren bis jetzt drei gefunden wurden: in den Uffizien, Siena und
Wien, die alle etwas von einander abweichen. Veröffentlicht sind sie — doch
ohne Bilder — als ausführlicher Katalog von Cornel von Fabriczy, Stutt-
gart 1902. Über römische Architekturzeichnungen bringt ausgezeichnete Fak-
simile-Drucke das Werk Christian Huelsens, II libro di Giuliano da Sangallo.
Codice Vaticano Barberiniano latino 4424, Text u. Tafeln, darin das Original
auf Abb. 6.
3 Alinari-Florenz Nr. 12 064, Brogi 6763.
 
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