Jungfrauensohn und Krippenkind.
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oder verdächtigen Leuten gelangen lasse1. Und auch eine andere
Paradoxie ist ihr fremd, die wir gern in den Text hineinzulegen
pflegen: die Meinung, daß die Hirten hier Vertreter besonders
armer Volkskreise seien. Wenn die vorgetragene Deutung von
Krippe und Hirten (S. 129f.) richtig ist, wenn beide ,,pastorale“
Motive zusammengehören, so sind die Hirten Eigentümer des Hauses,
in dem die Eltern Jesu Unterkunft gefunden haben. Dann sind sie
nicht ärmer als andere Bewohner von Bethlehem, und auch die
Notwendigkeit, das Kind in die Krippe zu legen, läßt nicht auf
Armut des Hauses schließen. Es ist ja nicht die Meinung des Textes,
daß die Bewohner auch ihre eignen Kinder in die Krippe legen
müßten, weil ihnen zur ordentlichen Unterbringung eines Neu-
geborenen das Nötigste fehle. Die Krippe ist ein Zeichen, also
etwas Außerordentliches, von Gott Gefügtes; sie kann nicht gleich-
zeitig ein soziologisches Merkmal für die Bewohnerschaft des Hauses
sein.
Aus dem jüdischen Leben in Palästina zur Zeit Jesu ist also
das Auftreten der Hirten in der Weihnachtsgeschichte nicht ohne
weiteres zu begreifen. Wohl aber liegt eine Erinnerung an Ver-
gangenes nahe: an David, der auf eben diesen Feldern von Beth-
lehem seine Herde weidete, und den Gott nach Ps. 78 (LNX 77), 70
έκ των ποιμνίων των προβάτων berief2. Diese Erinnerung zeigt min-
destens, daß in einer messianischen Legende, die in Bethlehem
spielte, die Hirten nicht als verachtete Personen, sondern als Ver-
treter eines sozusagen klassischen Berufes auftreten konnten. Das
gilt zumal, wenn die Legende außerhalb Palästinas entstand und
nicht mit palästinensischen Vorurteilen belastet war. Aber gerade
dann ist zu erwägen, ob nicht außerjüdische Vorstellungen
.die Gestaltung der ganzen Geschichte maßgebend beeinflußt haben.
Es stellt sich also die Frage, ob es zu der Hirtenlegende des
Evangeliums eine Parallele in anderen Religionskreisen gebe und
ob eine solche Parallele die Rolle der Hirten in einer bestimmten
Richtung verstehen lasse. Man pflegt dabei zunächst auf ägyp-
1 Daß man im Judentum von Gott als dem Hirten des Menschen (Ps. 23)
und im Christentum von Jesus als Hirten seiner Gläubigen (Joh. 10) redet,
ist natürlich etwas anderes. Dabei kommt nicht die soziale Stellung, sondern
nur die Tätigkeit des Hirten in Betracht.
2 Nach dem Targum Ps. Jonathan 1 zu Gen. 35, 21 soll der Messias
beim Herdentum in Bethlehem geboren werden s. K. G. Goetz Zeit-
schr. f. neutest.Wissenschaft 1907, 70f. nach Edersheim, The life and time
« of the Messiah I3 186f.
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oder verdächtigen Leuten gelangen lasse1. Und auch eine andere
Paradoxie ist ihr fremd, die wir gern in den Text hineinzulegen
pflegen: die Meinung, daß die Hirten hier Vertreter besonders
armer Volkskreise seien. Wenn die vorgetragene Deutung von
Krippe und Hirten (S. 129f.) richtig ist, wenn beide ,,pastorale“
Motive zusammengehören, so sind die Hirten Eigentümer des Hauses,
in dem die Eltern Jesu Unterkunft gefunden haben. Dann sind sie
nicht ärmer als andere Bewohner von Bethlehem, und auch die
Notwendigkeit, das Kind in die Krippe zu legen, läßt nicht auf
Armut des Hauses schließen. Es ist ja nicht die Meinung des Textes,
daß die Bewohner auch ihre eignen Kinder in die Krippe legen
müßten, weil ihnen zur ordentlichen Unterbringung eines Neu-
geborenen das Nötigste fehle. Die Krippe ist ein Zeichen, also
etwas Außerordentliches, von Gott Gefügtes; sie kann nicht gleich-
zeitig ein soziologisches Merkmal für die Bewohnerschaft des Hauses
sein.
Aus dem jüdischen Leben in Palästina zur Zeit Jesu ist also
das Auftreten der Hirten in der Weihnachtsgeschichte nicht ohne
weiteres zu begreifen. Wohl aber liegt eine Erinnerung an Ver-
gangenes nahe: an David, der auf eben diesen Feldern von Beth-
lehem seine Herde weidete, und den Gott nach Ps. 78 (LNX 77), 70
έκ των ποιμνίων των προβάτων berief2. Diese Erinnerung zeigt min-
destens, daß in einer messianischen Legende, die in Bethlehem
spielte, die Hirten nicht als verachtete Personen, sondern als Ver-
treter eines sozusagen klassischen Berufes auftreten konnten. Das
gilt zumal, wenn die Legende außerhalb Palästinas entstand und
nicht mit palästinensischen Vorurteilen belastet war. Aber gerade
dann ist zu erwägen, ob nicht außerjüdische Vorstellungen
.die Gestaltung der ganzen Geschichte maßgebend beeinflußt haben.
Es stellt sich also die Frage, ob es zu der Hirtenlegende des
Evangeliums eine Parallele in anderen Religionskreisen gebe und
ob eine solche Parallele die Rolle der Hirten in einer bestimmten
Richtung verstehen lasse. Man pflegt dabei zunächst auf ägyp-
1 Daß man im Judentum von Gott als dem Hirten des Menschen (Ps. 23)
und im Christentum von Jesus als Hirten seiner Gläubigen (Joh. 10) redet,
ist natürlich etwas anderes. Dabei kommt nicht die soziale Stellung, sondern
nur die Tätigkeit des Hirten in Betracht.
2 Nach dem Targum Ps. Jonathan 1 zu Gen. 35, 21 soll der Messias
beim Herdentum in Bethlehem geboren werden s. K. G. Goetz Zeit-
schr. f. neutest.Wissenschaft 1907, 70f. nach Edersheim, The life and time
« of the Messiah I3 186f.