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Schadewaldt, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 3. Abhandlung): Die Niobe des Aischylos — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40168#0032
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Wolfgang Schadewaldt

rufen (Okeanos-Tantalos); beiden verbietet der Stolz ihrer über-
menschlichen Qual eine billige Milderung der Leiden zu erkaufen,
die sie eigentlich wollen. Die Ähnlichkeiten sind da; sie zu ver-
folgen fehlen vorerst die Grundlagen1.
1 Ich verzichte darauf, irgend welche Vermutungen über den Schluß der
Tragödie zu äußern. Ein Hinweis auf die Versteinung lag nahe. Sonst wissen
wir nichts. Ob das seltsame έρχομαι.τί μ’ αυεις, das Diog. L. 7, 28 'aus der
Niobe5 zitiert, aischyleisch ist, ist ungewiß, mir sogar zweifelhaft.

Nachtrag
Die Ereignisse überstürzen sich. Zu spät wird mir die Behandlung
des Papyrus durch W. Sci-imid in der Neuauflage seiner Literaturgeschichte
(I 2, S. 117, 2. 262, 269) bekannt. Und eben zum Umbruch erhalte ich dank
der großen Freundlichkeit Vitellis seine erneute Behandlung des Fragments
im Bulletin de la Sociöte Archeologique d’Alexandrie 29, 1933, 229ff. Es
ist mir nicht mehr möglich, die Fülle der neuen Anregungen und Ergeb-
nisse zu verarbeiten, die Vitellis neuer Aufsatz bringt. Doch gestattet die
freie Seite gerade noch den Ausdruck des Dankes für die ernste und fördernde
Auseinandersetzung, die Vitelli meiner ihm Ende Januar nach erster Bekannt-
schaft mit dem Fragment mitgeteilten Zuweisung von 10—13 an den Chor
angedeihen läßt (231ff.). Heute gebe ich Vitelli rückhaltlos zu, daß der
Chor sich im zweiten Teil der Handlung unmöglich noch über die Kata-
strophe und das Verschulden der Niobe aufklären lassen kann — und im
zweiten Teil des Dramas müßte ja das Fragment lokalisiert werden, wenn
Niobe, wie ich in meinem Brief noch glaubte, die Sprecherin wäre. Doch
bin ich inzwischen von diesem Glauben abgekommen. Bei längerer Betrach-
tung des Fragments und weiterem Durchdenken der Zusammenhänge hat sich
mir mehr und mehr der Expositionscharakter des Bruchstücks aufgedrängt,
und dieser Charakter weist das Fragment an den Anfang des Dramas
(oben S. 23) und schließt also (von den oben S. lOff. erörterten Gründen
abgesehen) nach den Angaben des Aristophanes Niobe als Sprecherin aus.
Damit scheint mir der Stein des Anstoßes beseitigt. Eines greift ins andere.
Und so bitte ich Vitelli, meine Hypothese nochmals mit freundlicher Geduld
zu prüfen, wenn sie ihm nun ausgewachsener und, wie ich hoffe, auch
ausgereifter vor Augen kommt.
 
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