Das zweite Entwurfbuch.
21
sondere Überlieferungsgruppe, so kann man diese doch nicht als
eine ganz einheitliche Größe bezeichnen. Dagegen spricht nicht nur
die verschiedene Zahl der in ihnen überlieferten Stücke, sondern
auch die Verschiedenheit des Textes, mag sie auch — gemessen
an der handschriftlichen Überlieferung der Schriften des Cu sanus
— nicht sehr groß sein. Die Text Vergleichung ergab zunächst, daß
— abgesehen von Th — keine der andern Hss. von T und Tx ab-
hängig ist. S2 und K stehen einander sehr nah, hängen aber nicht
voneinander ab, sondern gehen auf eine gemeinsame Vorlage zurück.
G steht für sich, wie nicht nur die hier allein überlieferten Stücke,
sondern auch der Text im einzelnen zeigt. In welchem Verhältnis
L zu den andern Hss. steht, bedarf noch der Untersuchung. Darf
man von dem zweiten Teil der Hs., den ich nach den beiden Pre-
digten ,,Ubi est“ und ,,Loquimini“ (vgl. unten S. 84ff. und 118ff.)
beurteile, auf den ersten schließen, so muß man annehmen, daß
er von der übrigen Überlieferung unabhängig ist.
Wie ist nun dieses eigentümliche Verhältnis der Hss., die einer-
seits eine besondere Überlieferungsgruppe gegenüber \1 bilden,
anderseits aber in voneinander unabhängige Untergruppen zer-
fallen, zu erklären ? M. E. durch die Annahme, daß Cusanus sein
zweites Entwurfbuch wiederholt an Freunde ausgeliehen
hat, damit sie von ihm Abschrift nehmen könnten. Als er es aber
zum zweiten und dritten Male auslieh, waren neue Entwürfe hinzu-
gekommen und andere gestrichen. Sehen wir von L ab, so läßt
sich wohl eine dreimalige Entleihung feststellen. Die Gruppe Sx
S2K geht auf eine Kopie zurück, die vor 1450 liegen muß. Vor
allem wird Cusanus in Sx und S2 nur als doctor und magister,
nicht aber als cardinalis oder als episcopus Brixinensis bezeichnet.
Außerdem fehlen die beiden Skizzen von 1451. Vielleicht können
wir sogar noch einen Schritt weitergehen und annehmen, daß
Nicolaus bereits im Juli 1446 sein Entwurfbuch einem Mainzer
Freund zur Kopie überlassen hat. Denn die Predigt ,,Maria opti-
mam partem elegit“ vom 15. August dieses Jahres fehlt in der
Schönauer Sammlung. Zum zweiten Male entlieh er seine Entwürfe
an die Tegernseer Mönche (1452). Nunmehr entstanden die Ko-
pien T und Tj, später Th als Abschrift von Tx. Aus unserer Liste
ersieht man, daß inzwischen die Skizzen von 1451 und die Pre-
digten ,,Qui manducat“ und „Maria optimam partem elegit“ hinzu-
gekommen sind, während die Skizze „Vidi civitatem“ gestrichen
ist. Wer der dritte Entleiher war, vermag ich nicht zu sagen. Von
21
sondere Überlieferungsgruppe, so kann man diese doch nicht als
eine ganz einheitliche Größe bezeichnen. Dagegen spricht nicht nur
die verschiedene Zahl der in ihnen überlieferten Stücke, sondern
auch die Verschiedenheit des Textes, mag sie auch — gemessen
an der handschriftlichen Überlieferung der Schriften des Cu sanus
— nicht sehr groß sein. Die Text Vergleichung ergab zunächst, daß
— abgesehen von Th — keine der andern Hss. von T und Tx ab-
hängig ist. S2 und K stehen einander sehr nah, hängen aber nicht
voneinander ab, sondern gehen auf eine gemeinsame Vorlage zurück.
G steht für sich, wie nicht nur die hier allein überlieferten Stücke,
sondern auch der Text im einzelnen zeigt. In welchem Verhältnis
L zu den andern Hss. steht, bedarf noch der Untersuchung. Darf
man von dem zweiten Teil der Hs., den ich nach den beiden Pre-
digten ,,Ubi est“ und ,,Loquimini“ (vgl. unten S. 84ff. und 118ff.)
beurteile, auf den ersten schließen, so muß man annehmen, daß
er von der übrigen Überlieferung unabhängig ist.
Wie ist nun dieses eigentümliche Verhältnis der Hss., die einer-
seits eine besondere Überlieferungsgruppe gegenüber \1 bilden,
anderseits aber in voneinander unabhängige Untergruppen zer-
fallen, zu erklären ? M. E. durch die Annahme, daß Cusanus sein
zweites Entwurfbuch wiederholt an Freunde ausgeliehen
hat, damit sie von ihm Abschrift nehmen könnten. Als er es aber
zum zweiten und dritten Male auslieh, waren neue Entwürfe hinzu-
gekommen und andere gestrichen. Sehen wir von L ab, so läßt
sich wohl eine dreimalige Entleihung feststellen. Die Gruppe Sx
S2K geht auf eine Kopie zurück, die vor 1450 liegen muß. Vor
allem wird Cusanus in Sx und S2 nur als doctor und magister,
nicht aber als cardinalis oder als episcopus Brixinensis bezeichnet.
Außerdem fehlen die beiden Skizzen von 1451. Vielleicht können
wir sogar noch einen Schritt weitergehen und annehmen, daß
Nicolaus bereits im Juli 1446 sein Entwurfbuch einem Mainzer
Freund zur Kopie überlassen hat. Denn die Predigt ,,Maria opti-
mam partem elegit“ vom 15. August dieses Jahres fehlt in der
Schönauer Sammlung. Zum zweiten Male entlieh er seine Entwürfe
an die Tegernseer Mönche (1452). Nunmehr entstanden die Ko-
pien T und Tj, später Th als Abschrift von Tx. Aus unserer Liste
ersieht man, daß inzwischen die Skizzen von 1451 und die Pre-
digten ,,Qui manducat“ und „Maria optimam partem elegit“ hinzu-
gekommen sind, während die Skizze „Vidi civitatem“ gestrichen
ist. Wer der dritte Entleiher war, vermag ich nicht zu sagen. Von