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Josef Koch Cusanus-Texte: I. Predigten 2/5.

engern Geltungsbereich als nach Cu sanus. Während dieser näm-
lich in dem angezogenen Kapitel nachweisen will, daß der Satz für
alle Dinge des Weltalls gilt, bezieht Eckhart ihn nur auf die gei-
stigen Wesen, und die geistähnlichen, nämlich verklärten Leiber.
Das ,,quodlibet in quolibet“ ist ihm geradezu ein Unterscheidungs-
merkmal dieser geistigen gegenüber der körperlichen Welt* 1 * * *.
Eckharts Sermo IV, 1 (138v) wird zu 38,24; 39,2; 49,16
herangezogen. Es handelt sich an den beiden ersten Stellen dar-
um, daß Unterschiedenheit und Nichtunterschiedenheit in Gott
sich nicht widersprechen, sondern dasselbe sind; darum sei in Gott
auch die Dreifaltigkeit zugleich Einheit. Die Identität von Unter-
schiedenheit und Nichtunterschiedenheit betrifft also nach Cu sa-
nus Gott an und für sich. Eckhart führt aber in der ange-
zogenen Predigt aus, daß Gott dem Geschöpf gegenüber zu-
gleich unterschieden und nichtunterschieden ist. Sein Gedanke
geht also in anderer Richtung. Darum kann auch die zu 49, 12
angezogene Stelle des Sermo IV, 1 nicht als Quelle für den dort
ausgesprochenen Gedanken angesehen werden; denn Nicolaus
sagt nur, in Gott sei der Mensch nicht vom Löwen verschieden;
er gebraucht das Wort diversum, welches sowohl nach dem schola-
stischen Wortgebrauch als auch nach dem Eckharts und Cu sanus’
wohl von distinctum zu unterscheiden ist. Eckhart sagt aber in
dem angezogenen Text, in Gott sei der Mensch vom Löwen ganz
unterschieden und zugleich nichtunterschieden.

auf meinen Vorschlag hin die lateinischen Schriften mit durchgehenden Rand-
nummern versehen. Diese werden hier jeweils zuerst angeführt, dahinter in
Klammern Blatt und Spalte der Eckharthandschrift des Cusanus (Cues 21;
vgl. S. 40). Die Sermones haben wir außerdem mit römischen Ziffern ver-
sehen. Den Text der Eckhartzitate gebe ich in dem Wortlaut unserer Aus-
gabe wieder, gleichviel ob die betreffende Schrift schon gedruckt ist oder erst
im Manuskript vorliegt. Über alle Einzelheiten der Edition vergl. meine Ein-
führung zur ersten Lieferung: Meister Eckhart, Die lateinischen Werke III.
Expositio s. evangelii sec. Iohannem, hrsg. und übers, von Karl Christ und
Josef Koch, Stuttgart-Berlin 1936, XXIIff.
1 Vgl. außer der oben zitierten und der von den Herausgebern der Docta
Ignorantia herangezogenen Stelle noch: Sermo XXVII, 2 n. 277 (149vb):
,,'Spiritus5 enim, utpote incorporeus et corpore superior, est ubique, "replevit
orbem terrarum5, quodlibet in quolibet.“ Sermo XXX n. 312 (151rb): „Qui-
libet ergo tantum gaudebit de gloria alterius quantum de sui ipsius. Primo
. . . Tertio, quia primorum quodlibet est in quolibet.“ Sermo XLIV n. 436
(157rb): „Adhuc autem et corpora nostra non erunt (scilicet in coelo) quanta,
sed substantia, quodlibet in quolibet, "sicut angeli5 et ubique.“
 
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