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4. Ubi est qui natus est rex Iudaeorum (n. 9 —12).

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hat, wodurch er Pilger ist. Daß aber der Pilger anfängt, Pilger
auf dem Wege zu sein, fügt zu dem unendlichen Wege nichts hinzu
und bewirkt auch keine Änderung an dem immerwährenden und
unbeweglichen Wege.
10. Darum beachte: das Wort Gottes nennt sich den
Weg; du kannst daraus erkennen, daß ein wahrhaft lebendiger
Geist Pilger auf dem Wege oder in dem Worte des Lebens ist. Von
diesem Wege hat der Pilger sein Sein und seinen Namen, und auf
ihm bewegt er sich. Denn wenn Bewegung Leben ist, so ist der
Weg der Bewegung das Leben: so ist der lebendige Weg das Lehen
des lebendigen Pilgers. Der lebendige Pilger hat von dem lebendi-
gen Wege dies, daß er ein lebendiger Pilger ist, und der lebendige
Weg ist sein Ort, und er bewegt sich auf ihm und von ihm, durch
ihn und zu ihm. Mit Beeilt nennt sich also der Sohn Gottes
den Weg und das Leben.
11. Beachte aber auch: jener Weg, der das Leben ist,
ist auch die Wahrheit. Denn der lebendige Pilger ist der ver-
nünftige Geist, der an seiner Bewegung eine lebendige Freude hat;
er weiß ja, wohin er strebt. Denn er weiß, daß er auf dem Wege
des Lebens ist, aber dieser Weg ist die Wahrheit. Denn die Wahr-
heit ist die überaus köstliche und unvergängliche Speise seines
Lebens: von dem er nämlich das Sein hat, von dem wird der leben-
dige Pilger auch genährt. Der lebendige Weg also, der auch die
Wahrheit ist, ist das Wort Gottes, welches zugleich Gott ist und
,,das Licht der Menschen“, die auf dem WTege wandeln; denn
keines anderen Lichtes bedarf der Wandelnde, auf daß er nicht
im Finstern wandele gleich einem, der nicht weiß, wohin er geht.
Aber der Weg, der das Leben und die Wahrheit ist, ist
auch das erleuchtende Licht, und das Licht ist lebendig, weil
es „das Licht des Lebens“ ist, das sich selbst kundtut.
12. Von einer Art ist aber der Eintritt aller Menschen in
diese Welt, sie leben aber nicht alle auf die gleiche Weise. Denn
wenn auch die Menschen wie die übrigen Tiere nackt geboren
werden, so tragen sie doch dank der menschlichen Webkunst Klei-
dung, damit sie besser leben; auch genießen sie die Speisen ge-
kocht, haben Haus und Pferde und dergleichen mehr, was die
Kunst zur Natur hinzugefügt hat, um das Leben besser zu gestalten.
Diese Künste halten wir für ein großes Geschenk, eine Gabe oder
26 seq. De n. 12—14 cf. Sermo „Veni ut vitam habeant:‘ [1451; G 143r
usque ad 144 r; T1 21 r—22 r).
 
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