5. Loquimini ad petram (n. 27—29). 149
„gestern und heute“ ist, sondern immer derselbe. Und wer hinzu-
tritt, um sein Glied zu werden, der nimmt auch an der Freude der
anderen teil, weil auch der anderen Werke ihm mit ihnen gemein-
sam sind. Es ist ähnlich, wie bei den Mitgliedern eines Kapitels
oder einer Klostergemeinde: mag ihr jemand auch heute erst in-
korporiert werden, so erfreut er sich doch mit den übrigen der
(vorher) erworbenen (Güter) und ist in die Gemeinde ein-
geschlossen auch hinsichtlich dessen, was vor seiner Inkorporierung
geschah, und zwar wegen der Identität des Kapitels oder der Ka-
pitel genannten Körperschaft. Oder genauer: es ist ähnlich wie
bei der Menschheit Christi; denn weil sie in eine Einheit mit der
Person einging, deshalb sagen wir, dieser Mensch Christus habe die
Welt erschaffen, obwohl die Menschheit erst nach der Erschaffung
(zur Gottheit) hinzukam.
28. Jemand bringt auch ein Beispiel von der Nahrung, die
heute in die Natur des Genährten sich wandelt; von ihr gilt nun
nach der Umwandlung auch das, was der Mensch vorher getan hat,
bevor er die Speise nahm, die nun in die Natur dieses Menschen
überging und nach der Umwandlung dieser Mensch geworden ist.
Deshalb bemerke, daß jeder Christ wegen der Einheit des Leibes
Christi, in dem er ein Glied ist, mit dem Psalmisten sagen
kann: „Ich habe teil an allen, die dich fürchten und deine Gebote
beobachten“, weil (uns) „alles Wirken und Leiden gemeinsam
ist“. So sagte Paulus zu den Korinthern: „Alles ist euer, ob
Paulus oder Apollo oder Kephas, ob diese Welt oder das Leben
oder der Tod, ob das Gegenwärtige oder Zukünftige: alles ist euer,
ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes“. „Und dies ist die
Gemeinschaft der Heiligen.“
29. Meister Eckhart sagte in seiner Johannesauslegung zu
dieser Stelle: „Liebte ich den Nächsten so innig wie mich selbst,
dann gehörte gewiß all sein Ruhm und seine Ehre, all sein Ver-
dienst und sein Gut mir wie ihm, und es gefiele mir in ihm ebenso wie
in mir selbst, und all das Seinige wäre ohne jeden Unterschied
mein. Vielleicht heißt er deswegen Nächster, weil er in gleicher
Weise, nicht mehr noch weniger geliebt werden soll.“ Dem ent-
spricht, daß, „wenn ich Gott liebe wie ich soll, nämlich aus ganzem
Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüte und aus allen Kräf-
ten“, „ich sicher nichts liebe, was ich nicht in Gott liebe, und worin
ich Gott nicht liebe“. Das andere Gebot, das der Nächstenliebe, ist
aber diesem gleich, wie Christus sagt. Nichtsdestoweniger hat jeder
„gestern und heute“ ist, sondern immer derselbe. Und wer hinzu-
tritt, um sein Glied zu werden, der nimmt auch an der Freude der
anderen teil, weil auch der anderen Werke ihm mit ihnen gemein-
sam sind. Es ist ähnlich, wie bei den Mitgliedern eines Kapitels
oder einer Klostergemeinde: mag ihr jemand auch heute erst in-
korporiert werden, so erfreut er sich doch mit den übrigen der
(vorher) erworbenen (Güter) und ist in die Gemeinde ein-
geschlossen auch hinsichtlich dessen, was vor seiner Inkorporierung
geschah, und zwar wegen der Identität des Kapitels oder der Ka-
pitel genannten Körperschaft. Oder genauer: es ist ähnlich wie
bei der Menschheit Christi; denn weil sie in eine Einheit mit der
Person einging, deshalb sagen wir, dieser Mensch Christus habe die
Welt erschaffen, obwohl die Menschheit erst nach der Erschaffung
(zur Gottheit) hinzukam.
28. Jemand bringt auch ein Beispiel von der Nahrung, die
heute in die Natur des Genährten sich wandelt; von ihr gilt nun
nach der Umwandlung auch das, was der Mensch vorher getan hat,
bevor er die Speise nahm, die nun in die Natur dieses Menschen
überging und nach der Umwandlung dieser Mensch geworden ist.
Deshalb bemerke, daß jeder Christ wegen der Einheit des Leibes
Christi, in dem er ein Glied ist, mit dem Psalmisten sagen
kann: „Ich habe teil an allen, die dich fürchten und deine Gebote
beobachten“, weil (uns) „alles Wirken und Leiden gemeinsam
ist“. So sagte Paulus zu den Korinthern: „Alles ist euer, ob
Paulus oder Apollo oder Kephas, ob diese Welt oder das Leben
oder der Tod, ob das Gegenwärtige oder Zukünftige: alles ist euer,
ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes“. „Und dies ist die
Gemeinschaft der Heiligen.“
29. Meister Eckhart sagte in seiner Johannesauslegung zu
dieser Stelle: „Liebte ich den Nächsten so innig wie mich selbst,
dann gehörte gewiß all sein Ruhm und seine Ehre, all sein Ver-
dienst und sein Gut mir wie ihm, und es gefiele mir in ihm ebenso wie
in mir selbst, und all das Seinige wäre ohne jeden Unterschied
mein. Vielleicht heißt er deswegen Nächster, weil er in gleicher
Weise, nicht mehr noch weniger geliebt werden soll.“ Dem ent-
spricht, daß, „wenn ich Gott liebe wie ich soll, nämlich aus ganzem
Herzen, aus ganzer Seele, aus ganzem Gemüte und aus allen Kräf-
ten“, „ich sicher nichts liebe, was ich nicht in Gott liebe, und worin
ich Gott nicht liebe“. Das andere Gebot, das der Nächstenliebe, ist
aber diesem gleich, wie Christus sagt. Nichtsdestoweniger hat jeder