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Honecker, Martin; Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 2. Abhandlung): Nikolaus von Cues und die griechische Sprache — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.41994#0024
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Martin Honecker:

dieselbe Richtung weist schließlich noch eine Äußerung des Sixtus
von Siena (1520—1569), dem Nicolaus Cusanus ein vir in omni
literarum genere admirandus ist48.
Beachtet man nun aber, daß in all diesen Aussagen von literae,
nicht aber von lingua die Rede ist, und bedenkt man ferner, daß
literae zwar ,,Sprache“, aber ebensogut auch „Literatur“ bedeuten
kann, so verlieren die angeführten Behauptungen für uns den Wert,
den sie zunächst zu besitzen schienen; denn selbst eine umfang-
reiche Kenntnis der griechischen Literatur kann schließlich auch
aus Übersetzungen stammen.
Nicht anders steht es um einen Ausspruch eines erbitterten
Gegners des Cusanus, des Juristen Gregor Heimburg (geb. um
1400, gest. 1472), der in seiner bekannten Invektive vom Jahre
1461 den Cusaner mit folgenden Worten anredet: Cancer Cusa
Nicolae, qui te Cardinalem Brixinensem vocas, cur non prodis in
palestram? Qui te graecum et latinum gloriaris, cur non palam pergis
ad certamen literarum®? Auch die Bezeichnung graecus kann ledig-
lich eine Kenntnis der griechischen Literatur meinen und braucht
keine Vertrautheit mit der griechischen Sprache zu bekunden; ge-
rade der Zusammenhang mit certamen literarum scheint in die erst-
genannte Richtung zu weisen.
Eine bessere Handhabe dürfte uns aber der Florentiner Buch-
händler Vespasiano da Bisticci (1421—1498) bieten, wenn er
Nikolaus von Gues als dotto in greco bezeichnet50; denn dieser Aus-
druck wird wohl auf nichts anderes als auf griechische Sprach-
kenntnis bezogen werden können. Der Wert dieses Zeugnisses steht
allerdings nicht ganz außer Zweifel. Wohl kann sein Urheber den
Cusaner, der auf seinen Reisen Florenz mehrfach berührt haben
wird und den seine bibliophilen Bestrebungen überall zu Buch-
händlern geführt haben mögen, persönlich kennengelernt haben.
Doch ist es sehr fraglich, ob diese Bekanntschaft ■— wenn sie an-
genommen werden darf — mehr als oberflächlich gewesen ist. Die
angeführte Aussage könnte sich alsdann etwa darauf stützen, daß
Vespasiano da Bisticci, eben als Buchhändler, um das Interesse
des Cusanus für griechische Werke wußte. Vielleicht hat er aber
48 Sixtus Senensis Ο. P., Bibliotheca sancta. Venedig 1575, I 509;
Köln 1626, 346.
49 Gedruckt bei Marquard Fr eh er, Rerum germanicarum scriptores
varii, hrsg. von B. G. Struve, Bd. II, Straßburg 1717, S. 255.
50 Vespasiano da Bisticci 59a 169, 59b I 169f.
 
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