Metadaten

Honecker, Martin; Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 2. Abhandlung): Nikolaus von Cues und die griechische Sprache — Heidelberg, 1938

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41994#0027
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Gusanus-Studien: II. Nikolaus von Cues und die griechische Sprache. 19
weit in dem Rufe stand, ein Kenner der griechischen Sprache zu
sein. Ob allerdings dieser Ruf berechtigt war, steht noch dahin.
Dieses Ergebnis braucht nicht ins Wanken zu kommen, wenn
wir feststellen, daß andere Schriftsteller aus älterer Zeit, die sich
mit Gusanus beschäftigen, nichts darüber sagen, daß er des Grie-
chischen mächtig gewesen sei61.
Redenklicher wird ein solches Schweigen aber sofort, wenn wir
es bei Zeitgenossen des Cusaners gewahren, von denen man eine
Äußerung zu unserer Frage erwarten müßte. So darf man sich
gewiß wundern, wenn der Humanist Giovanni Francesco
Poggio-Bracciolini in einem Schreiben an Niccolo Niccoli vom
17. Mai 1427 den ,,Nicolaus Trevirensis“ (dessen Identität mit
Nicolaus Gusanus bekanntlich einwandfrei feststeht) unter Bezug-
nahme auf ein Gespräch, das er mit diesem über Bücherfunde ge-
habt hat, einfach als doctus bezeichnet62. Kenner des Griechischen
pflegten von Humanisten ganz anders benannt, ja pflegten beson-
ders gerühmt zu werden. Oder soll man die Sache in dem Sinne
auffassen, daß Nicolaus Gusanus eben zu jener Zeit mit dem Grie-
chischen noch nicht vertraut gewesen sei?
Aber auch acht Jahre später ist bei einem Humanisten, der
sich über den Cusaner äußert, nicht die Rede davon, daß dieser
die griechische Sprache kenne. Es handelt sich um einen Brief,
den der als Übersetzer griechischer Werke bekannte Camaldulenser-
general Ambrogio Traversari am 24. Oktober 1435 aus Basel
an den päpstlichen Referendarius Bischof Christophorus de S. Mar-
cello gerichtet hat63. Wenn er darin den Nicolaus Trevirensis, den er
für ein kirchliches Amt empfiehlt64, als homo studiosissimus et libro-
rum copia insignis und als homo multo eruditus bezeichnet, wenn es
weiter bei ihm heißt: multum studiis nostris conferre potest eius . . .
familiaritas, so hätte man von einem solchen Manne und in einem
solchen Zusammenhänge doch erwarten dürfen, daß er einer etwa
61 Man vgl. z. B. die knappe Cusanusbiographie bei Robert Bellarmin,
De scriptoribus ecclesiasticis, Coloniae Agr. 1613, 1621, 1684, S. 421 ff. bzw.
294ff. u. 239ff.
62 Poggii Epistolae, ed. Thomas de Tonellis, 3 Bde., Florenz 1832,
1. III, ep. 12 (Bd. I, S. 209).
63 Ambrogio Traversari 48 II 174.
64 Es dreht sich um die päpstliche Bestätigung der Wahl zum Propst
von Münstermaifeld. Über die Bestätigung durch das Basler Konzil s. Conc.
Bas. 5 III 576 u. 578.

2
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften