Gusanus-Studien: II. Nikolaus von Cues und die griechische Sprache. 39
formen (h)endekades und enneadekaterida durch den zufälligen Wort-
laut der Vorlage bedingt sein. Ebensowenig ist der Ausfall von καί
in dem Wortbestandstück έννεακαίδεκα von größerer Bedeutung.
Allein der Ausfall des ε in dem Wortbestandteil έτος zeugt doch
davon, daß der Cusaner von dem Gesamtsinn des chronologischen
Terminus keine sprachlich begründete Vorstellung hatte. Dasselbe
gilt für die Wiedergabe von StA τεσσάρων mit diatesseron (Nr. 4).
Die Form spera (Nr. 3) ist zwar mittelalterliches Erbe; doch be-
weist ihre Beibehaltung, daß dem Cusaner das griechische σφαίρα
unbekannt war.
Die Form gelios (statt telios) für τέλειος (Nr. 29) ist im Cod.
Cus. 220 deutlich zu lesen. Nun müssen wir daran denken, daß
dieses Stück wahrscheinlich von der Hand des Cusanus selbst
stammt. Der Cod. Vatic. 1244, der eine Abschrift des Cod. Cus. 220
darstellt und von Cusaner durchkorrigiert worden ist, weist jedoch
die richtige Form telios auf. Ob die Cueser Form aus der Vorlage119
stammt und wie die Vatikanische Korrektur zustande gekommen
sein mag, muß dahingestellt bleiben.
Für μυστήριον gibt Nikolaus von Cues ausdrücklich mistirium
als griechische Wortform an (Nr. 37). Befremdlich ist dabei die
lateinische Endung, während der Ersatz von υ und η durch i nur
der byzantinischen Aussprache zufällt.
Ein ganz unsinniges Wortbild liegt aber vor, wenn Nicolaus
Cusanus in der oben genannten Predigt, und zwar sowohl im Cueser
Autograph (Cod. Cus. 220) als auch in der von ihm durchgesehenen
Vatikanischen Abschrift (Cod. Vat. 1244), παντότροφον mit panto
profton wiedergibt (Nr. 38). Daß er trotzdem eine sinnrichtige
Übersetzung hinzufügen kann, hängt damit zusammen, daß er so-
wohl den griechischen Ausdruck als auch die lateinische Über-
tragung aus seinem Eaktanz-Text übernahm120. Durch diese
119 Es ist ein heute in Brüssel befindlicher Laktanztext, über den gleich
noch zu reden sein wird.
120 Die Laktanz-Hs. des Nicolaus Cusanus ist uns im Cod. Brux. 9809
erhalten. Er bietet die Divinae institutiones des Laktanz unter dem auch in
anderen IIss. antreffbaren Titel Contra gentes. Der Verf. hatte sich an die
Leitung der Brüsseler Nationalbibliothek mit der Bitte gewandt, ihm den
Wortlaut der ganzen Stelle aus der Hs. mitzuteilen; leider ohne Erfolg. Daß
die Brüsseler Hs. die griechischen Zitate des Laktanztextes in lateinischer
Transskription enthält, ist einer Bemerkung von S. Brandt zu entnehmen, der
in der Einleitung seiner Ausgabe der Divinae institutiones (CSEL XIX, 1890)
formen (h)endekades und enneadekaterida durch den zufälligen Wort-
laut der Vorlage bedingt sein. Ebensowenig ist der Ausfall von καί
in dem Wortbestandstück έννεακαίδεκα von größerer Bedeutung.
Allein der Ausfall des ε in dem Wortbestandteil έτος zeugt doch
davon, daß der Cusaner von dem Gesamtsinn des chronologischen
Terminus keine sprachlich begründete Vorstellung hatte. Dasselbe
gilt für die Wiedergabe von StA τεσσάρων mit diatesseron (Nr. 4).
Die Form spera (Nr. 3) ist zwar mittelalterliches Erbe; doch be-
weist ihre Beibehaltung, daß dem Cusaner das griechische σφαίρα
unbekannt war.
Die Form gelios (statt telios) für τέλειος (Nr. 29) ist im Cod.
Cus. 220 deutlich zu lesen. Nun müssen wir daran denken, daß
dieses Stück wahrscheinlich von der Hand des Cusanus selbst
stammt. Der Cod. Vatic. 1244, der eine Abschrift des Cod. Cus. 220
darstellt und von Cusaner durchkorrigiert worden ist, weist jedoch
die richtige Form telios auf. Ob die Cueser Form aus der Vorlage119
stammt und wie die Vatikanische Korrektur zustande gekommen
sein mag, muß dahingestellt bleiben.
Für μυστήριον gibt Nikolaus von Cues ausdrücklich mistirium
als griechische Wortform an (Nr. 37). Befremdlich ist dabei die
lateinische Endung, während der Ersatz von υ und η durch i nur
der byzantinischen Aussprache zufällt.
Ein ganz unsinniges Wortbild liegt aber vor, wenn Nicolaus
Cusanus in der oben genannten Predigt, und zwar sowohl im Cueser
Autograph (Cod. Cus. 220) als auch in der von ihm durchgesehenen
Vatikanischen Abschrift (Cod. Vat. 1244), παντότροφον mit panto
profton wiedergibt (Nr. 38). Daß er trotzdem eine sinnrichtige
Übersetzung hinzufügen kann, hängt damit zusammen, daß er so-
wohl den griechischen Ausdruck als auch die lateinische Über-
tragung aus seinem Eaktanz-Text übernahm120. Durch diese
119 Es ist ein heute in Brüssel befindlicher Laktanztext, über den gleich
noch zu reden sein wird.
120 Die Laktanz-Hs. des Nicolaus Cusanus ist uns im Cod. Brux. 9809
erhalten. Er bietet die Divinae institutiones des Laktanz unter dem auch in
anderen IIss. antreffbaren Titel Contra gentes. Der Verf. hatte sich an die
Leitung der Brüsseler Nationalbibliothek mit der Bitte gewandt, ihm den
Wortlaut der ganzen Stelle aus der Hs. mitzuteilen; leider ohne Erfolg. Daß
die Brüsseler Hs. die griechischen Zitate des Laktanztextes in lateinischer
Transskription enthält, ist einer Bemerkung von S. Brandt zu entnehmen, der
in der Einleitung seiner Ausgabe der Divinae institutiones (CSEL XIX, 1890)