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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 2. Abhandlung): Paulus auf dem Areopag — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41997#0052
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52

Martin Dibelius:

Verschiedenheiten der Zuhörer beziehen1; es kann aber auch nur
besagen, daß man den Apostel weder beleidigte noch aufhielt. Aber
dieser wenig umrissene Abschluß der Szene gibt dem Verfasser die
Möglichkeit, eine kurze Nachricht über den Erfolg der Rede anzu-
fügen: einige schließen sich dem Paulus an und bekehren sich, dar-
unter „Dionysius der Areopagite und eine Frau mit Namen Da-
maris, und andere mit ihnen“ (17, 34).
Diese Nachricht hat besondere Bedeutung. Sie will offenbar
besagen, daß der Erfolg des Paulus in Athen gering gewesen sei.
Da sich in der Tat keine Gemeindegründung an die Tätigkeit des
Apostels angeschlossen zu haben scheint, hat man diese Andeutung
ernst zu nehmen. Es ist sogar versucht worden, von da aus Schlüsse
auf die Areopagrede zu ziehen2. Der Mißerfolg in Athen, so sagt
man, habe Paulus zu einer Änderung seiner Missionsmethode ver-
anlaßt, habe ihn dazu geführt, in Zukunft einfach das Kreuz Christi
zu predigen in dem Sinn, wie er es I. Cor. 1, 18ff. geschildert hat.
Er habe eingesehen, daß die Anpassung an philosophische Gedan-
ken der Griechen, überhaupt an Vorstellungen der zu Bekehrenden
keinen Erfolg verspräche. Dabei meinen die einen, diese Änderung
der Methode bedeute eigentlich nur eine Rückkehr des Paulus zu
der schon längst geübten Weise; es habe sich bei der Areopagrede
um eine Ausnahme, um einen Versuch gehandelt. Andere glauben,
Paulus habe erst infolge des Mißlingens in Athen seinen eigenen
Stil gefunden. Nun ist diese Annahme einer Wandlung des Paulus,
die man schon fast eine zweite Bekehrung nennen müßte, völlig
aus der Luft gegriffen; kein einziges Zeugnis deutet einen solchen
Umschwung an. Vor allem aber schieben beide Formen dieser
Hypothese dem Lukas ein ganz unmögliches Verfahren zu. Die
1 Dieser Vers 17, 32, der die Worte des Spottes nicht einmal nennt, ist
wegen seiner Farblosigkeit möglichst wenig mit Erklärungsversuchen zu be-
lasten. Es ist also nicht angezeigt, hier die Stoiker und Epikureer aus 17, 13
wiederzufinden. Auch die Zusage einiger Hörer, den Apostel wieder hören zu
wollen, ist als Verlegenheitsauskunft und nicht als ernstes Versprechen ge-
dacht, denn Paulus geht ja gar nicht darauf ein.
2 Vgl. Munzinger, Paulus in Korinth, 1908, 791'.: „Diesen Mißerfolg
aber in Athen hatte er nach seinem Empfinden selbst verschuldet.... Er
wußte jetzt . . . wie er nicht predigen dürfe. Er hatte aber nicht nötig, sich
auf eine neue Art ... zu besinnen; Adelmehr kehrte er unmittelbar zu seiner
alten und bewährten Predigtweise zurück.“ -— Holzner, Paulus, 1937, 198,
läßt Paulus nach der Areopagrede sagen: „In Zukunft werde ich nicht mehr
von griechischer Weisheit reden, sondern nur von Christus allein und von der
Torheit des Kreuzes.“
 
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