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Nikolaus [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 1. Abhandlung): Untersuchungen über Datierung, Form, Sprache und Quellen: kritisches Verzeichnis sämtlicher Predigten — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42026#0029
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Erstes Hauptstück: Untersuchungen, II. Die Formen der Predigten.

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besondern Gelegenheit1. So wurde der Legat am 10. Juni 1451 in
Halle durch den Pfarrer und Prior H. Renen mit einer Collatio
begrüßt2. Cusanus selbst hielt eine „Collatiimcula“ (Pr. 279), als
er am 23. Mai 1457 den Propst von St. Dorothea in Wien als Visi-
tator in Neustift einführte. Vielleicht stellt auch Pr. 22 eine solche
Collatio dar; denn Cusanus hielt sie als Kaplan des Stiftes St. Si-
meon in Trier (1443), als der Erzbischof Jakob von Sierck dieses
Stift visitierte.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß Billinger erheblich irrt,
wenn er annimmt, die Collatie, nicht der Sermo, sei der Typus der
cusanischen Predigt gewesen. Die Begründung, die er gibt3, ist
auch keineswegs ausreichend: „Predigten, die uns gelehrt anmuten,
wie z. B. „Dies sanctificatus“ vom Jahre 1439, dürften in dieser
Fassung wohl nicht von der Kanzel aus gehalten worden sein. Denn
Cusanus äußert sich einmal über Predigten philosophischer Gelehr-
samkeit: sunt dimittenda, quia non aedificant.“ Billinger vergißt
anzugeben, daß der Kardinal dieses Urteil nicht über fremde Pre-
digten, sondern über einzelne Teile seiner eigenen Pr. 213 fällt4.
Damit erhalten wir aber auch die richtige Antwort auf die im
ersten Satz liegende Frage. Was Cusanus in seinen Entwürfen
1 Über die Collatio in diesem Sinne vgl. R. Salomon, Johannes Porta
de Annoniaco und sein Buch über die Krönung Kaiser Karls IV., Neues
Archiv d. Ges. f. alt. deutsche Geschichtskunde 38 (1913), 287—294. Er hebt
mit Recht hervor, daß Collatio zwei völlig gegensätzliche Redeformen be-
zeichne, die kunstlose Volkspredigt der Brüder vom gemeinsamen Leben und
die Kunstpredigt. Er unterscheidet aber nicht die Collatio als festliche An-
sprache bei bestimmten Anlässen von dem Sermo als der eigentlichen
Predigt. G. Mollat sagt darüber: ,,I1 faut d’abord remarquer que des le
XIVe siede l’on distingua les sermones des collationes. La premiere appellation
a ete reservee aux sermons prononces durant la grand’messe; la seconde ne
designe pas exclusivement ceux qui avaient lieu ä vepres ou au cours de
l’apres-midi; le mot collationes s’applique par extension ä des allocutions
d’apparat faites ä propos d’evenements politiques ou religieux, ä l’occasion
de promotions cardinalices ou du retour de legats ä la cour pontificale.“ Mol-
lat übersetzt dann collatio mit discours. Vgl. L’ceuvre oratoire de Clement VI,
in: Archives d’hist. doctr. et litt, du moyen age 3 (1928), S. 242. — Nur neben-
bei sei vermerkt, daß collatio auch noch eine bestimmte Art scholastischer
Disputation bedeutet. Vgl. A. G. Little and F. Pelster, Oxford theology
and theologians c. a. d. 1282—1302, Oxford 1934, S. 53—56.
2 Vgl. die Anmerkung zu Pr. 80 a.
3 Das Philosophische in den Excitationen des Nicolaus von Cues, S. 17.
4 Vgl. Pred. 2/5, S. 112, 11. Die Bemerkung bezieht sich auf die vorher-
gehenden Erörterungen über die Ewigkeit der Welt.
 
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