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Nikolaus [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 1. Abhandlung): Untersuchungen über Datierung, Form, Sprache und Quellen: kritisches Verzeichnis sämtlicher Predigten — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42026#0037
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Erstes Hauptstück: Untersuchungen, IV. Die Quellen der Predigten.

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mehr handelt es sich im vorliegenden Falle nicht — einen dem
Volk geläufigen Ausdruck verwendet! Das hieße die Dinge ein-
fach auf den Kopf stellen.
Zu bedauern ist bei dieser Frage nur eins, daß nämlich Cu-
sanus nur einen fleißigen Zuhörer in Wien gefunden hat, der seine
Predigt nachschrieb, während Meister Eckhart deren so viele
beschieden waren. Solange aber die großen Bestände an Predigt-
Hss. des 15. Jahrhunderts nicht aufgearbeitet sind, dürfen wir noch
immer hoffen, daß andere Nachschriften zum Vorschein kommen.
IV. Die Quellen der Predigten
Der Nachweis der von Cu sanus benutzten Quellen ist bei den
Predigten aus einem doppelten Grund von besonderer Wichtig-
keit. Erstens nennt er sie hier — im Gegensatz zu seinen philo-
sophischen Schriften •— sehr häufig, so daß man Anhaltspunkte
erhält, welche Literatur er zu bestimmten Zeiten gelesen hat. Da-
mit fällt natürlich Licht auf seine geistige Entwickelung. Zweitens
wird es für die Beurteilung und Verwertung der Predigten von ent-
scheidender Bedeutung sein, zwischen cusanischem und nicht-
cusanischem Gedankengut scharf zu scheiden. Denn Cusanus hat
bei der Ausarbeitung seiner Predigten keine Bedenken gehabt, Aus-
führungen anderer Autoren, die ihm zusagten, zu übernehmen. So
konnte einer meiner Schüler, G. Steudel (z. Z. im Felde), vor
einigen Jahren in einer Seminararbeit nachweisen, daß Pr. 1 zum
großen Teil aus De fide et legibus des Wilhelm von Auvergne
entnommen ist. Eine kritische Edition der Predigten verlangt natur-
gemäß eine deutliche Scheidung zwischen fremdem und eigenem Gut.
Nun kann es hier nicht meine Absicht sein, die Quellenfrage in
extenso zubehandeln, vielmehr möchte ich versuchen, die Entwick-
lungslinie aufzuweisen, die sich hinsichtlich der Quellen-
benutzung feststellen läßt. Diese kommt in den sonst vortreff-
lichen Ausführungen Vansteenrerghes über die Quellen des Cu-
sanus1, die ich hier als bekannt voraussetze, nicht recht zum Vor-
schein, da die Quellen von ihm in systematischer Ordnung be-
sprochen werden.
Unter obigem Gesichtspunkt kann man nun vier Abschnitte
unterscheiden: die Zeit vor der Abfassung von ,,De docta ignoran-
1 Le Cardinal Nicolas de Cues, Deuxieme partie cliap. X, S. 409ff.: Les
Sources de fa pensee cusienne.
 
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