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Josef Koch, Cusanus-Texte: I. Predigten, 7.
auch aus erster Hand. So kennt er von Augustinus sicher De
civitate Dei, Confessiones, De doctrina christiana, De Genesi ad
litteram, De trinitate. Das stimmt zu dem Bild, das man aus ,,De
concordantia catholica“ von seiner Väterlektüre gewinnt. Von den
Scholastikern wurden Bonaventura und Thomas bereits genannt,
während ich bisher von Scotus und Ockham keine Spuren finden
konnte. Eine besondere Bedeutung kommt dann, wie bereits ge-
sagt, Wilhelm von Auvergne zu, der auch später noch häufiger
zitiert wird. Dessen Benutzung ist deshalb von besonderer Bedeu-
tung, weil er durch die ganze Art seines Schrifttums aus dem all-
gemeinen Rahmen scholastischer Theologie herausfällt.
2. Die Predigten von 1439 bis 1449. Wie schon gesagt,
treten jetzt die kanonistisclien Quellen sehr zurück; wir finden
aber z. B. in Pr. 32 (1444) ein AuGUSTiNUS-Zitat, für das Cusanus
sich auf De paen. d. 2 beruft. Wahrscheinlich dürfte er hier aus
dem Gedächtnis zitieren.
Die geistige Wende, welche die Jahre 1438/39 im Leben des
Cusanus bedeuten, kommt aber vor allem darin zum Ausdruck,
daß wir jetzt Ps.-Dionvsius-Zitaten begegnen, die unmittelbar
aus dessen Schriften (in lateinischer Übersetzung) geschöpft sind1.
In dieser Hinsicht hat Pr. 14 (1. Januar 1439) eine geradezu pro-
grammatische Bedeutung. Abgesehen von einer Reihe von Zitaten,
die durch die ganze Predigt verstreut sind, finden wir eine genaue
Analyse von Kap. 15 § 2 (nach Cusanus c. 16) der Hierarchia
caelestis, wo das Feuer als Sinnbild der Engel erörtert wird. Cu-
sanus wendet es auf Gott an. In den ältern Predigten finden wir
zwei oder drei Hinweise auf den Areopagiten, die aber offensicht-
lich aus zweiter Hand stammen. Dazu stimmt, was Cusanus selbst
am Ende jenes Jahrzehnts in ,,Apologia doctae ignorantiae“ über
sein Verhältnis zu Dionysius sagt: ,,Fateor, amice, non me Dio-
nysium aut quemquam theologorum verorum tunc vidisse, quando
desuper conceptum recepi; sed avido cursu me ad doctorum
scripta contuli et nihil nisi revelatum varie figuratum inveni“
(h II, S. 12, 19f.). Die Apologie zeigt nun auch, daß er nicht nur
Dionysius, sondern auch dessen ältere und neuere Kommentatoren
studiert hat. Man muß das natürlich auch für die Predigten im
Auge behalten. Er interessierte sich ebenfalls für die Theologen,
1 Über die Dionysius-Zitate vgl. L. Baur, Cusanus-Texte III. Margina-
lien 1. N. C. und Ps.-Dionysius im Lichte der Zitate und Randbemerkungen
des Cusanus, HSB. 1940/41, 4. Abh., 1941, S. 18ff. Über Pr. 14 vgl. S. 27f.
Josef Koch, Cusanus-Texte: I. Predigten, 7.
auch aus erster Hand. So kennt er von Augustinus sicher De
civitate Dei, Confessiones, De doctrina christiana, De Genesi ad
litteram, De trinitate. Das stimmt zu dem Bild, das man aus ,,De
concordantia catholica“ von seiner Väterlektüre gewinnt. Von den
Scholastikern wurden Bonaventura und Thomas bereits genannt,
während ich bisher von Scotus und Ockham keine Spuren finden
konnte. Eine besondere Bedeutung kommt dann, wie bereits ge-
sagt, Wilhelm von Auvergne zu, der auch später noch häufiger
zitiert wird. Dessen Benutzung ist deshalb von besonderer Bedeu-
tung, weil er durch die ganze Art seines Schrifttums aus dem all-
gemeinen Rahmen scholastischer Theologie herausfällt.
2. Die Predigten von 1439 bis 1449. Wie schon gesagt,
treten jetzt die kanonistisclien Quellen sehr zurück; wir finden
aber z. B. in Pr. 32 (1444) ein AuGUSTiNUS-Zitat, für das Cusanus
sich auf De paen. d. 2 beruft. Wahrscheinlich dürfte er hier aus
dem Gedächtnis zitieren.
Die geistige Wende, welche die Jahre 1438/39 im Leben des
Cusanus bedeuten, kommt aber vor allem darin zum Ausdruck,
daß wir jetzt Ps.-Dionvsius-Zitaten begegnen, die unmittelbar
aus dessen Schriften (in lateinischer Übersetzung) geschöpft sind1.
In dieser Hinsicht hat Pr. 14 (1. Januar 1439) eine geradezu pro-
grammatische Bedeutung. Abgesehen von einer Reihe von Zitaten,
die durch die ganze Predigt verstreut sind, finden wir eine genaue
Analyse von Kap. 15 § 2 (nach Cusanus c. 16) der Hierarchia
caelestis, wo das Feuer als Sinnbild der Engel erörtert wird. Cu-
sanus wendet es auf Gott an. In den ältern Predigten finden wir
zwei oder drei Hinweise auf den Areopagiten, die aber offensicht-
lich aus zweiter Hand stammen. Dazu stimmt, was Cusanus selbst
am Ende jenes Jahrzehnts in ,,Apologia doctae ignorantiae“ über
sein Verhältnis zu Dionysius sagt: ,,Fateor, amice, non me Dio-
nysium aut quemquam theologorum verorum tunc vidisse, quando
desuper conceptum recepi; sed avido cursu me ad doctorum
scripta contuli et nihil nisi revelatum varie figuratum inveni“
(h II, S. 12, 19f.). Die Apologie zeigt nun auch, daß er nicht nur
Dionysius, sondern auch dessen ältere und neuere Kommentatoren
studiert hat. Man muß das natürlich auch für die Predigten im
Auge behalten. Er interessierte sich ebenfalls für die Theologen,
1 Über die Dionysius-Zitate vgl. L. Baur, Cusanus-Texte III. Margina-
lien 1. N. C. und Ps.-Dionysius im Lichte der Zitate und Randbemerkungen
des Cusanus, HSB. 1940/41, 4. Abh., 1941, S. 18ff. Über Pr. 14 vgl. S. 27f.