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Hans Frhr. von Campenhausen
wahrscheinlich voraussetzen, daß „der dritte Tag“ irgendwie schon vor-
gegeben war, ehe man ihn im Alten Testament entdecken und daraufhin
auch in das Bekenntnis übernehmen konnte. Die liturgische Erklärung des
Datums nach dem christlichen Festkalender19 kann heute, da das Alter
der zugrunde liegenden Formel erkannt ist, nicht mehr ernsthaft in Be-
tracht gezogen werden20. Zur Zeit, da sie entstanden ist, gab es noch keine
christliche Sonntagsfeier, von der aus man zum Karfreitag rückwärts rech-
nend den Zeitraum bestimmen konnte. Näher liegt es, die drei Tage als
eine typische Zahl anzusehen, die als solche in den verschiedensten reli-
gionsgeschichtlichen Zusammenhängen eine Rolle spielt21. Drei Tage wer-
den insbesondere als der Zeitraum angenommen, den die Seele noch in
der Nähe des Feichnams weilt, ehe er zerfällt22. Aber dies alles sind reich-
lich unbestimmte, keinesfalls zwingende Ableitungen. So wird man die
Möglichkeit zum mindesten offen lassen müssen, daß die Angabe des „drit-
ten Tages“ geschichtlich gegeben war23. Natürlich kann dieses geschicht-
liche Datum dann nicht unmittelbar in der Auferstehung selber gefunden
werden, für die es nach den Berichten aller älteren, kanonischen Evangelien
keine Zeugen gegeben hat. Es wäre als solches zunächst vielmehr nur auf
das Bekanntwerden, die „Entdeckung“ der stattgehabten Auferstehung
zu beziehen. Doch kann diese Entdeckung, wie ich gleich hier bemerken
möchte, dann schwerlich erst durch die ersten Erscheinungen des Auf-
erstandenen veranlaßt worden sein, auf die das Datum niemals unmittel-
bar bezogen wird. Diese gehören aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nach
Jerusalem, sondern nach Galiläa, und für den Weg von Jerusalem dort-
hin ist der Zeitraum — besonders wenn man den Sabbath mit in Rechnung
stellt — gewiß zu kurz24.
19 So besonders Ed. Schwartz, Osterbetrachtungen, Zeitschr. f. neutest. Wissensch.
7 (1906) lff.
20 So mit Recht Grass S. 131 f.
21 Vgl. F. Nötscher, Zur Auferstehung nach drei Tagen, Biblica 35 (1954) 313£f
und die dort genannte Literatur.
22 A. Meyer, Die Auferstehung Jesu (1905) 182ff.; C. Clemen, Religionsgeschicht-
liche Erklärung des Neuen Testaments (1924) 96ff.; J. Leipoldt, Die sterbenden
und auferstehenden Götter (1923) 77ff.; ders., Zu den Auferstehungsgeschich-
ten, Theol. Lit. Zeit. 73 (1948) 737ff.; dagegen Metzger S. 122 und trotz sei-
ner rein „religionsgeschichtlichen“ Ableitung der Auferstehung auch Schnei-
der S. 85f.: „Nicht aus hellenistischem Material sind die drei Tage zwischen
Tod und Auferstehung übernommen, da sie schon Paulus vom Alten Testament
herleitet und Matthäus die Jonasgeschichte als Quelle angibt.“
23 Wenn H. Conzelmann, in seinem Artikel „Auferstehung Christi I“ in: Relig.
in Gesch. u. Gegenw. 1 (19573) 700, einfach erklärt, die Datierung sei „ihrer
Natur nach kein historisches, sondern ein ,dogmatisches1 Datum“, so hat er
einen m. E. falschen Gegensatz konstruiert und die entscheidende Schwierig-
keit einer rein dogmatischen Ableitung damit gerade nicht behoben.
24 L. Brun, Die Auferstehung Christi in der urchristlichen Überlieferung (1925)
Hans Frhr. von Campenhausen
wahrscheinlich voraussetzen, daß „der dritte Tag“ irgendwie schon vor-
gegeben war, ehe man ihn im Alten Testament entdecken und daraufhin
auch in das Bekenntnis übernehmen konnte. Die liturgische Erklärung des
Datums nach dem christlichen Festkalender19 kann heute, da das Alter
der zugrunde liegenden Formel erkannt ist, nicht mehr ernsthaft in Be-
tracht gezogen werden20. Zur Zeit, da sie entstanden ist, gab es noch keine
christliche Sonntagsfeier, von der aus man zum Karfreitag rückwärts rech-
nend den Zeitraum bestimmen konnte. Näher liegt es, die drei Tage als
eine typische Zahl anzusehen, die als solche in den verschiedensten reli-
gionsgeschichtlichen Zusammenhängen eine Rolle spielt21. Drei Tage wer-
den insbesondere als der Zeitraum angenommen, den die Seele noch in
der Nähe des Feichnams weilt, ehe er zerfällt22. Aber dies alles sind reich-
lich unbestimmte, keinesfalls zwingende Ableitungen. So wird man die
Möglichkeit zum mindesten offen lassen müssen, daß die Angabe des „drit-
ten Tages“ geschichtlich gegeben war23. Natürlich kann dieses geschicht-
liche Datum dann nicht unmittelbar in der Auferstehung selber gefunden
werden, für die es nach den Berichten aller älteren, kanonischen Evangelien
keine Zeugen gegeben hat. Es wäre als solches zunächst vielmehr nur auf
das Bekanntwerden, die „Entdeckung“ der stattgehabten Auferstehung
zu beziehen. Doch kann diese Entdeckung, wie ich gleich hier bemerken
möchte, dann schwerlich erst durch die ersten Erscheinungen des Auf-
erstandenen veranlaßt worden sein, auf die das Datum niemals unmittel-
bar bezogen wird. Diese gehören aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nach
Jerusalem, sondern nach Galiläa, und für den Weg von Jerusalem dort-
hin ist der Zeitraum — besonders wenn man den Sabbath mit in Rechnung
stellt — gewiß zu kurz24.
19 So besonders Ed. Schwartz, Osterbetrachtungen, Zeitschr. f. neutest. Wissensch.
7 (1906) lff.
20 So mit Recht Grass S. 131 f.
21 Vgl. F. Nötscher, Zur Auferstehung nach drei Tagen, Biblica 35 (1954) 313£f
und die dort genannte Literatur.
22 A. Meyer, Die Auferstehung Jesu (1905) 182ff.; C. Clemen, Religionsgeschicht-
liche Erklärung des Neuen Testaments (1924) 96ff.; J. Leipoldt, Die sterbenden
und auferstehenden Götter (1923) 77ff.; ders., Zu den Auferstehungsgeschich-
ten, Theol. Lit. Zeit. 73 (1948) 737ff.; dagegen Metzger S. 122 und trotz sei-
ner rein „religionsgeschichtlichen“ Ableitung der Auferstehung auch Schnei-
der S. 85f.: „Nicht aus hellenistischem Material sind die drei Tage zwischen
Tod und Auferstehung übernommen, da sie schon Paulus vom Alten Testament
herleitet und Matthäus die Jonasgeschichte als Quelle angibt.“
23 Wenn H. Conzelmann, in seinem Artikel „Auferstehung Christi I“ in: Relig.
in Gesch. u. Gegenw. 1 (19573) 700, einfach erklärt, die Datierung sei „ihrer
Natur nach kein historisches, sondern ein ,dogmatisches1 Datum“, so hat er
einen m. E. falschen Gegensatz konstruiert und die entscheidende Schwierig-
keit einer rein dogmatischen Ableitung damit gerade nicht behoben.
24 L. Brun, Die Auferstehung Christi in der urchristlichen Überlieferung (1925)