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Wolgast, Eike; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 9. Abhandlung): Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45486#0035
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Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts

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Dennoch hat John Knox die causa religionis in den Mittelpunkt seiner
Überlegungen über den Widerstand gegen unrechtmäßig ausgeübte
Herrschaft gestellt. Die auf ihn zurückgehende „Confessio Scotica“ von
1560 erklärte „the reformatioun and purgatioun of the Religioun“zur
Hauptaufgabe der weltlichen Obrigkeit59, enthielt aber keine Anwei-
sungen für das Verhalten der Gläubigen gegenüber einem Fürsten, der
diese Pflichten vernachlässigte. Dagegen trat Knox in anderen Schriften
schon seit der Thronbesteigung Maria Tudors in England 1554 unum-
wunden für ein Recht der Untertanen auf Widerstand gegen einen an-
dersgläubigen Herrscher ein; dieses Widerstandsrecht in der causa fidei
begründete er nicht auf ein Rechtsverhältnis, sondern auf die Pflicht je-
des Christen, gegen Idololatrie und Blasphemie vorzugehen. Tragende
Elemente dieses Widerstandsrechts sind Abwehr von Glaubensverfol-
gung und Bestrafung von Gotteslästerung. Dabei beginnt für Knox die
Glaubensverfolgung bereits mit der katholischen Konfession des Für-
sten: „Against God it is, that for the commandement of any Prince, be
he never so potent, men shall commit Idolatrie, embrace a religion which
God hath not approved by his Word, or confirme by silence wicked
and blasphemous lawes, made against the honour of his Majestie“60.
Idololatrie und Blasphemie verstoßen gegen Gottes Gebot und müssen
ohne Ansehen der Person bestraft werden.
Urteilsinstanz und Träger des Widerstandsrechts gegen den abtrünni-
gen Fürsten ist „the peopill of God“61. Als auf der Nationalsynode von
1564 William Maitland of Eethington, Staatssekretär Maria Stuarts,
Aussagen Luthers, Melanchthons, Calvins, Bucers und Musculus’ an-
2. Aufl. Bd. 2 (London 1958), 200f.; vgl. auch 203 und 205. Die Opposition gegen die
Königin ging quer durch die Konfessionsparteien, der Aufstand gegen sie sollte den
Mord an Darnley rächen und die als Skandal empfundene Ehe mit Bothwell auflösen;
über die Ersetzung der Königin durch den Thronfolger bestand jedoch keine Einig-
keit, wie die Auseinandersetzungen der nächsten Jahre zeigten, in denen durchaus
auch Protestanten zur Partei der „Marians“ zählten.
59 Zitiert nach D. Laing (ed.), The Works of John Knox Bd. 2, 118.
60 Knox, Works Bd. 4, 441 (Letter to the Lady Mary, Regent of Scotland; Genf 1558);
vgl. auch ebd., 501 (Appellation von 1558). Vgl. auch Knox’ Letter to the Common-
alty of Scotland (Genf 1558) über den Inhalt des geplanten Traktats “The second
blast”: “No manifest idolater nor notoriouse transgressor of God’s hohe preceptes
oght to be promoted to any publike regiment, honour or dignitie in any realme, pro-
vince or citie, that hath subjected the seif to Christie Jesus and to his blessed Evangil.
Neither can othe nor promesse bynd any such people to obey and maintein Tyrantes
against God and against his trueth knowen”; ebd., 539f. Zur Entwicklung der politi-
schen Theologie Knox’ vgl. J. Ridley, John Knox (Oxford 1968), 17 Iff.
61 Knox, Works Bd. 2, 441 (History of the Reformation in Scotland IV).
 
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