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Wolgast, Eike; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 9. Abhandlung): Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45486#0036
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Eike Wolgast

führte, um mit diesen Autoritäten das passive Verhalten der Christen in
Zeiten der Verfolgung zu verteidigen, relativierte Knox die Verbind-
lichkeit dieser Vorschriften, indem er sie nur auf christliche Untertanen
bezog, die unter tyrannischen und ungläubigen Fürsten lebten, „so dis-
persed that thai haif no uther force, but onlie to sobbe to God for dely-
verance“. Sein Aufruf zu aktivem Vorgehen richtete sich dagegen an
das Volk „assembled togidder in one bodie of ane Commounewelth, un-
to whome God hes gevin sufficient force nocht onlie to resyst. but also
to suppres all kynde of opin idolatrie“62.
Das Widerstandsrecht als Strafrecht war für Knox kein rein ständisch
gebundenes Recht, sondern auszuüben von „the whole bodie of the
people and . . . everie membre of the same, according to the vocation of
everie man“63. Verweigern etwa König, Lords und andere staatliche
Amtsträger die Einsetzung rechtgläubiger Geistlicher und zeigen damit,
daß sie es vorziehen, „to maintaine tyrantes in their tyrannie“, sollen die
Untertanen selbst Pfarrer bestellen, „be it in your cities, townes, or vil-
lages: them ye may maintaine and defend against all that shall persecute
them“64. Der berühmte Traktat Knox’ „The first blast of the trumpet
against the monstcous regiment of women“ von 1558 begründete au-
ßerdem ein Widerstandsrecht gegen die Frau als Herrscherin, deren Be-
seitigung die Pflicht „aswell of the Estates as of the People“ war65; für
Knox ordnete sich dieser Grund in sein ausschließlich religiös bestimm-
tes Konzept des Widerstandsrechts ein, da er die Herrschaft einer Frau
als grundsätzlich schriftwidrig und als Verstoß gegen Gottes Gebot an-
sah.
Im Gegensatz zu Knox ist die einflußreich gewordene Widerstands-
rechtstheorie John Buchanans wesentlich juristisch orientiert und in
größerer Systematik ausgeführt. Sein „De iure regni apud Scotos Dialo-
62 Ebd., 442f.; vgl. auch ebd., 447ff. Für das Widerstandsrecht der Untertanen berief
sich Knox gegen die von Maitland angeführten Autoritäten auf die “Apologie of Mag-
deburgh” von 1550; vgl. ebd., 453. Zur Diskussion auf der General Assembly vgl.
Ridley (s. Anm. 60), 453ff.
63 Knox, Works Bd. 4, 501 (Appellation); allerdings schrieb Knox den zuständigen Gre-
mien doch eine führende Rolle zu; vgl. ebd., 540: “If either rashely they have promot-
ed any manifest wicked personne or yet ignorantly have chosen such a one, as after de-
clareth himself unworthie of regiment above the people of God (and suche be all ido-
laters and cruel persecuters), moste justely may the same men depose and punishe
him, that unadvysedly before they did nominale, appoint and electe” (Letter to the
Commonalty of Scotland).
64 Ebd., 534.
65 Ebd., 416.
 
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