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Wolgast, Eike; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 9. Abhandlung): Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45486#0049
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Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts

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(attendant Fassemblee des Etats du royaume)“ zum Generalstatthalter
des für erledigt angesehenen Thrones proklamiert.
2. Die königlichen Siegel wurden gegen solche mit der Umschrift „Seel
du royaume de France“ ausgewechselt.
3. Das Parlament ersetzte in der Einleitung seiner Arrets die Königsti-
tulatur „Henry par la grace de Dieu, roy de France et de Pologne“ durch
die Formel „le gens tenans le parlement“ bzw. „tenans la chancelle-
rie“106.
Mit zwei Entscheidungen legitimierte zudem die Mehrheit der theo-
logischen Fakultät der Sorbonne indirekt, aber wirksam das ligistische
Widerstandsrecht. Im Januar 1589 erklärte sie, das französische Volk
sei vom Gehorsam gegen Heinrich III. frei und berechtigt, gegen ihn die
Waffen zu ergreifen, nachdem er die Kompetenzen der Stände verletzt
und den Vertrag über die katholische Nachfolge gebrochen habe. Im
April ordnete sie an, im Meßkanon die Worte „pro rege nostro Henri-
co“ durch „pro Christianis nostris principibus“ zu ersetzen, um nicht den
Namen eines Exkommunizierten und Kirchenfeindes nennen zu müs-
sen107.
1589 sind in Paris damit die Lehren der Monarchomachen radikali-
siert in die Wirklichkeit umgesetzt worden. 1591 wurde von den Seize
als den Führern der radikalen Pariser Liga der Versuch unternommen,
durch die Ermordung des Parlamentspräsidenten und zweier Räte die
Massen zu einer neuen Bartholomäusnacht - diesmal gegen die Politi-
ques — zu stimulieren; die Lynchjustiz wurde von Francois Crome im
„Dialogue d’entre le maheustre et le manant“, einer der letzten großen
ligistischen Streitschriften, als von Gott zugelassenes Revolutionsrecht
verteidigt: „Toutes trahisons contre le public se doivent punir exemplai-
rement et, defaillant l’ordinaire, l’extraordinaire est permis. Dieu mes-
me le plus souvent en use en ceste fagon, permettant que le peuple y
mette la main extraordinaire quant l’ordinaire manque, principalement
quant il y va de son honneur et de la Religion“108.
106 Vgl. Petitot (s. Anm. 101) Bd. 39 (Paris 1824), 51ff. sowie Baumgartner (s.
Anm.105), 102ff.; die Tragweite dieser Bestimmungen wird darin deutlich, daß ähnli-
che Maßnahmen hinsichtlich Siegel und Titel 1581 im niederländischen „Plakkaat van
Verlatinghe“ enthalten waren; vgl. DuMont V/l, 420.
107 Vgl. Baumgartner (s. Anm.105), 104.
108 Frangois Crome, Dialogue d’entre le maheustre et le manant (Paris 1593); kritische
Ausgabe (mit den Varianten der royalistischen Version) von P. M. Ascoli (Genf
1977), 118f. Der „Dialogue“ enthält vor allem einen Bericht über die Tätigkeit der
Seize, zu deren Anhängern der Verfasser gehört. - Der Herzog von Mayenne fühlte
 
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