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Wolgast, Eike; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 9. Abhandlung): Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45486#0058
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Eike Wolgast

„quinam - quando - quomodo - quousque et quamdiu“127. Mit den
wichtigsten Elementen der monarchomachischen Diskussion übernahm
er auch die Vertragstheorie, die durch sein Konzept der consociatio al-
lerdings eine bedeutende Vertiefung erfuhr. Wie Beza und „Brutus“
unterteilte Althusius die magistratus inferiores oder, wie er sie nannte,
optimates in „generales ephori“ und „speciales ephori“ mit den entspre-
chenden Zuständigkeitsbereichen; als bewußter Theoretiker des stän-
disch konzipierten Staates wies er aber den Generalephoren gegenüber
der bisherigen Literatur neue und vermehrte Rechte zu. Das Volk be-
saß für ihn keine Legitimation, ohne Aufforderung der optimates Wi-
derstand zu leisten; wie in den „Vindiciae“ genügte allerdings schon der
Befehl eines Amtsträgers.
Durch Althusius war der Ertrag der Diskussion des 16. Jahrhunderts
gesammelt und in eine systematische Ordnung gebracht worden. Die
praktische Durchsetzung des Prinzips der absoluten Herrschaft in West-
europa blieb davon allerdings unberührt. Der Protest gegen die mit dem
Widerstandsrecht der Stände oder gar des Einzelnen verbundene Zer-
rüttung des Gemeinwesens und Zersetzung der obersten Staatsgewalt
war schon 1576 von Jean Bodin auf Grund der Erfahrung des Bürger-
krieges und in Kenntnis von Hotmans „Francogallia“ formuliert wor-
den. Gegen das Recht zum Widerstand gegen den unrechtmäßig han-
delnden Fürsten stellte Bodin mit aller Schärfe die Souveränität des Kö-
nigs von Frankreich. William Barclay hat dann 1600 die Theoretiker
des Widerstandsrechts als „Monarchomachen“ - bezeichnenderweise
wurde dieser Ausdruck und nicht „Tyrannomachen“ gewählt - verur-
teilt und die königliche Autorität als von Gott, nicht von den Ständen
herrührend verteidigt128. Gegenüber der These der obligatio mutua for-
mulierte Barclay die Forderung des unbedingten Gehorsams. Bodin
und Barclay wiesen der politischen Staatstheorie des 17. Jahrhunderts
den Weg, das Widerstandsrecht rückte demgegenüber nach der vorläu-
figen Lösung der Religionsfrage und der damit verbundenen zuneh-
menden Enttheologisierung der Politik in den Hintergrund.
rieh (Cambridge/Mass. 1932); zu Althusius vgl. zuletzt C. J. Friedrich, Johannes Alt-
husius und sein Werk im Rahmen der Entwicklung der Theorie von der Politik (Ber-
lin-München 1975); P. J. Winters, Johannes Althusius. In: M. Stolleis (Hg.), Staats-
denker im 17. und 18. Jahrhundert (Frankfurt/M. 1977), 29ff.; vgl. auch Althusius-
Bibliographie (s. Anm. 1), Nr. Iff.
127 Politica, cap. 38 (Friedrich, 387ff.).
128 In seinen De Regno et regali potestate adversus Buchananum, Brutum, Boucherium
et reliquos monarchomachos libri VI, die 1600 in Paris erschienen.
 
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