Metadaten

Dihle, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 2. Abhandlung): Der Prolog der "Bacchen" und die antike Überlieferungsphase des Euripides-Textes: vorgetragen am 18. November 1980 — Heidelberg: Winter, 1981

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47795#0040
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38

Albrecht Dihle

Publikum neben den Leseexemplaren verbreitet waren. Und eben die-
ses zeigt der Bestand erhaltener Papyri an. Es ist nur wahrscheinlich,
daß sich beide Textformen gegenseitig beeinflußten, denn auch Euripi-
des-Gnomologien haben ihre Spuren in unserem Text der Tragödien
hinterlassen38.
Wenn aber „Schauspielerinterpolationen“ nach dem 4. Jh. v. C. in
den Euripides-Text gerieten, dann konnten sie aus einer Bühnenpraxis
stammen, in der es nicht nur die Wiederaufführung ganzer Tragödien,
sondern vor allem die Darbietung einzelner Partien gab. Die Überar-
beitungen, die jeder Wiederaufführung eines Bühnenstückes zu allen
Zeiten des Theaters vorausgingen, brauchten dann, wenn nur eine iso-
lierte Partie aus einer Tragödie zur Wiederaufführung vorgesehen war,
keine Rücksicht auf das Zustandekommen einer in sich einigermaßen
widerspruchsfreien, ausgewogenen, mit Anfang, Höhepunkt und
Schluß versehenen Handlung zu nehmen. Während man bei solchen
Schauspielerinterpolationen, die man auf die Wiederaufführungspraxis
des dionysischen Festjahres im Athen des 4. Jh’s zurückzuführen ge-
neigt ist, die Frage nach der Einheit und Konsequenz im dramatischen
Aufbau des ganzen Stückes sinnvoll stellen kann, gilt dieses Prinzip der
Interpretation gewiß nicht dort, wo eine Einzelszene herausgenommen
und möglicherweise für eine isolierte Aufführung überarbeitet wurde.

38 Hierzu E. Fraenkel, o. Anm. 35.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften