Der Prolog der ‘Bacchen’
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Versen, Phoen. 198 und Andr. 181 v. 1., geworden, gerade auch durch
das hinzugesetzte «pu. Darum kann auch das etwa gleichzeitige Tele-
kleides-Fragment (1 Kock) nicht als echte Parallele gelten: oi ö’ äv-
Oqowioi jiiovEg fjoav töte koü pcya XQhfiot yiyavTCDV. In der prädikati-
ven Verwendung des ganzen periphrastischen Ausdrucks reduziert sich
nämlich xpiipcx nicht ohne weiteres auf die Bedeutung von ycvog, wie
das im Falle eines pcya f)v XQhFa ytyavTcov zuträfe.
Die beiden Euripides-Verse verraten eine gewisse Unsicherheit im
Umgang mit dem Idiom, die man von einem Autor im Athen des 5.
oder 4. Jh. v. C. nicht erwartet. Daß aber diese Ausdrucksweise wenn
nicht vergessen wurde (Polyb. 12, 15, 8 vgl. Gow zu Theoc. 18,4), so
doch dem lebendigen Sprachgefühl abhanden kam, zeigt der Umstand,
daß man sie in der Kaiserzeit ausdrücklich als Attizismus klassifizierte
(Ammon, de impr. 44 Nickau, vgl. Sud. X 488; Philem. Gramm, p. 205
Osann; vgl. Schmid, Attizismus 2,166). Entsprechend oft begegnet sie
in der Literatursprache der Kaiserzeit, und zwar gerade auf gehobener
Stilebene (vgl. Schmid aaO. oder Plut. Ant. 31).
Es ist also recht wohl möglich, daß man für Eur. Andr. 181 die durch
Scholien und Stobaios bezeugte Lesart als echte anzunehmen hat, wäh-
rend die Lesart der Handschriften erst in Anlehnung an Eur. Phoen.
198 zustande gekommen ist, eine Stelle, die ihrerseits auch wegen des
ungewöhnlichen Gebrauchs der Periphrase mit XQhßci der Interpolation
in nachklassischer Zeit dringend verdächtig ist.
Man wird sagen dürfen, daß der sprachliche Befund eine Entstehung
der Teichoskopie im 3. oder 2. Jh. v. C. nahelegt, und dazu paßt die
Apostrophierung der Aitoler. Die Angabe der Hypothesis, es handele
sich hier nicht um einen Teil des Dramas, verdient also beachtet zu wer-
den.
Es läge nun nahe, Friedrichs Hypothese einfach umzudrehen und von
den beiden Alternativtexten die Einlage in den Botenbericht für euripi-
deisch, die Teichoskopie aber für eine Interpolation zu erklären. Doch
so einfach liegen die Dinge nicht.
Auch die Einlage 1104-1140 im ersten Botenbericht ist nämlich
kaum als euripideisch anzusehen und weder mit dem Rest des Botenbe-
richtes noch mit der übrigen Tragödie recht in Einklang zu bringen. Ihre
aufdringlichen Parallelen zum Feldherrenkatalog, der das Zentrum der
‘Sieben’ des Aischylos ausmacht, passen denkbar schlecht zu den „an-
tiaischyleischen“ Worten des Eteokles in V. 75 If. (vgl. Aisch. Sept.
846), mit denen sich Euripides von der „Katalogpoesie“ seines Vorgän-
gers distanziert.
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Versen, Phoen. 198 und Andr. 181 v. 1., geworden, gerade auch durch
das hinzugesetzte «pu. Darum kann auch das etwa gleichzeitige Tele-
kleides-Fragment (1 Kock) nicht als echte Parallele gelten: oi ö’ äv-
Oqowioi jiiovEg fjoav töte koü pcya XQhfiot yiyavTCDV. In der prädikati-
ven Verwendung des ganzen periphrastischen Ausdrucks reduziert sich
nämlich xpiipcx nicht ohne weiteres auf die Bedeutung von ycvog, wie
das im Falle eines pcya f)v XQhFa ytyavTcov zuträfe.
Die beiden Euripides-Verse verraten eine gewisse Unsicherheit im
Umgang mit dem Idiom, die man von einem Autor im Athen des 5.
oder 4. Jh. v. C. nicht erwartet. Daß aber diese Ausdrucksweise wenn
nicht vergessen wurde (Polyb. 12, 15, 8 vgl. Gow zu Theoc. 18,4), so
doch dem lebendigen Sprachgefühl abhanden kam, zeigt der Umstand,
daß man sie in der Kaiserzeit ausdrücklich als Attizismus klassifizierte
(Ammon, de impr. 44 Nickau, vgl. Sud. X 488; Philem. Gramm, p. 205
Osann; vgl. Schmid, Attizismus 2,166). Entsprechend oft begegnet sie
in der Literatursprache der Kaiserzeit, und zwar gerade auf gehobener
Stilebene (vgl. Schmid aaO. oder Plut. Ant. 31).
Es ist also recht wohl möglich, daß man für Eur. Andr. 181 die durch
Scholien und Stobaios bezeugte Lesart als echte anzunehmen hat, wäh-
rend die Lesart der Handschriften erst in Anlehnung an Eur. Phoen.
198 zustande gekommen ist, eine Stelle, die ihrerseits auch wegen des
ungewöhnlichen Gebrauchs der Periphrase mit XQhßci der Interpolation
in nachklassischer Zeit dringend verdächtig ist.
Man wird sagen dürfen, daß der sprachliche Befund eine Entstehung
der Teichoskopie im 3. oder 2. Jh. v. C. nahelegt, und dazu paßt die
Apostrophierung der Aitoler. Die Angabe der Hypothesis, es handele
sich hier nicht um einen Teil des Dramas, verdient also beachtet zu wer-
den.
Es läge nun nahe, Friedrichs Hypothese einfach umzudrehen und von
den beiden Alternativtexten die Einlage in den Botenbericht für euripi-
deisch, die Teichoskopie aber für eine Interpolation zu erklären. Doch
so einfach liegen die Dinge nicht.
Auch die Einlage 1104-1140 im ersten Botenbericht ist nämlich
kaum als euripideisch anzusehen und weder mit dem Rest des Botenbe-
richtes noch mit der übrigen Tragödie recht in Einklang zu bringen. Ihre
aufdringlichen Parallelen zum Feldherrenkatalog, der das Zentrum der
‘Sieben’ des Aischylos ausmacht, passen denkbar schlecht zu den „an-
tiaischyleischen“ Worten des Eteokles in V. 75 If. (vgl. Aisch. Sept.
846), mit denen sich Euripides von der „Katalogpoesie“ seines Vorgän-
gers distanziert.