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Borst, Arno; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 1. Abhandlung): Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende: vorgetragen am 11. Februar 1989 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48156#0027
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Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende

17

auch Nachtstunden abzulesen gestatte.16 Viertens führte er den Begriff
‘Sterngreifer’ ein, in der adjektivischen Form öoTpokdßog, die er
freilich bloß für größere plastische Himmelsmodelle (Armillarsphären)
und Sonnenuhren, noch nicht für kleine, flache Fixsternmesser benutz-
te.17
Ptolemaios verlangte handliche Apparate zur exakten Messung der
Nachtstunden, vor allem für die Berechnung von Horoskopen im
Dienst der ‘chaldäischen’ Astrologie, der er sich wie viele Zeitgenossen
im römischen Weltreich verschrieb. Allerdings mußten auch gebildete
Laien, nicht nur Experten der Astronomie, mit solchen Werkzeugen
umgehen können. Die meisten Sterndeuter der Spätantike hätten mit
der Bauanleitung und Gebrauchsanweisung eines praktikablen Instru-
ments mehr anzufangen gewußt als mit dessen theoretischer Grundle-
gung. Auch moderne Forscher könnten dann leichter angeben, welches
Gerät Ptolemaios in der Hand oder im Sinn hatte.
Daß er selbst das planisphärische Astrolab erfand, wird seit tausend
Jahren immer wieder behauptet.18 Es wird aber immer unwahrschein-
licher, je gründlicher die Forschung neben seinen überlieferten Aus-

16 Planisphaerium c. 14, hg. von Johann L. Heiberg, Claudii Ptolemaei opera quae
exstant omnia, Bd. 2 (1907) S. 249: quod in horoscopio instrumenta aranea
vocatur. Deutsch bei Julius Drecker, Das Planisphaerium des Claudius Ptole-
maeus, Isis 9 (1927) S. 255-278, hier S. 271. Wir kennen das Werk nur aus dritter
Hand, durch Hermann von Kärnten, der 1143 eine arabische Übersetzung ins
Lateinische übertrug; dazu Haskins, Studies S. 47; Kunitzsch, Glossar S. 484
f.
17 Syntaxis mathematica (Almagest) V, 1, Opera (wie Anm. 16) Bd. 1/1 (1898) S.
350-354 düTQokdßov öpyavov meinte, was heute Armillarsphäre heißt. Zu
deren Gestalt und Funktion Zinner, Astrolab S. 9; Waerden, Astronomie S. 270
f. Mißverständlich ist demnach die deutsche Übersetzung Astrolab in: Ptole-
mäus, Handbuch der Astronomie V, 1, hg. von Karl Manitius und Otto
Neugebauer, Bd. 1 (21963) S. 254-258. Ein Instrument zur Messung der
Sonnenhöhe und damit der Tagesstunde, kein Astrolab im späteren Sinn, wie
Turner, Museum S. 11 annimmt, war das ücrrpoXdßov (npooxortiov bei Ptolemy,
Tetrabibios III, 2, hg. von Frank E. Robbins (1980) S. 228. Zu diesem
astrologischen Werk Thorndike, History Bd. 1 S. 110-116.
18 So schon in den ältesten lateinischen Schriften nach 975: Lupitus, Prolog S. 274;
Gerberts Schüler, De utilitatibus astrolabii c. 1 § 1 S. 114 f. Ebenso Ekkehard IV.
von St. Gallen (unten Anm. 127); Hermann, De mensura astrolabii c. 1 S. 204.
Unverändert noch im 12. und 13. Jahrhundert (unten Anm. 164 und 168) und
1463 bei Nikolaus von Kues, De ludo globi, hg. von Paul Wilpert, Nikolaus von
Kues. Werke, Bd. 2 (1967) S. 614. Zu den älteren, weniger festgelegten
arabischen Aussagen unten Anm. 27.
 
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