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Borst, Arno; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 1. Abhandlung): Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende: vorgetragen am 11. Februar 1989 — Heidelberg: Winter, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48156#0041
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Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende,

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Diese Breite ist festgelegt durch den Abstand ihres Scheitelpunkts
(spätere Lateiner werden ihn zenit nennen) vom Himmelsnordpol. Wer
mit dem Beobachtungsort die Breite verändert, muß die Einlegeschei-
be austauschen; das hat der Benutzer längst getan, bevor er unseren
Text nachschlägt. Die Fixsterne auf der Spinne behalten überall
dieselben Himmelskoordinaten, und der Autor gesteht ein, es gebe
außer den genannten 20 Sternen noch viele andere, die man auf der
Spinne anbringen könne. Doch auf kein planisphärisches Astrolab läßt
sich der gesamte Sternenhimmel projizieren; bei dem üblichen,
nordwärts ausgerichteten Typ entspricht der äußerste Rand dem
Wendekreis des Steinbocks, er schließt sämtliche südlicheren Sterne
aus. Die lateinischen Leser sehen sogar Sterne, die weniger weit im
Süden stehen, selten oder nie, und für die Handhabung des Instruments
brauchen sie nicht einmal die sichtbaren alle.
Wie beide Projektionen, die auf die kreisende Himmelssphäre und
die auf den irdischen Standort bezogene, zusammenspielen, wird
sodann sehr knapp und mit zwei unerklärten arabischen Worten
beschrieben. Man müsse, so heißt es, die Höhe (cartifa) irgendeines
Objekts, vermutlich der Erde, über die Pol-Achse (alcotob) des
Astrolabs legen, irgendetwas im Kreis drehen und könne dann die Zahl
finden, welche die größte Höhe des Sterns angebe. Hier scheint von
einem kugelförmigen Astrolabtyp, einer Art Armillarsphäre die Rede
zu sein. Der Autor denkt aber auch an die Rückseite eines flachen,
planisphärischen Astrolabs. Ihr feststehender kreisrunder Rand ist mit
einer 360-Grad-Skala versehen. Über ihr dreht sich die Visiereinrich-
tung, ein Diopterlineal. Wenn man das Astrolab mit der Aufhänge-
vorrichtung auf die Senkrechte einpendeln läßt und durch die beiden
Visierlöcher des Diopterlineals einen Stern anpeilt, zeigt dessen
äußerste Spitze auf der Gradskala die Höhe dieses Sterns über der
Horizontlinie an.
Weil die Vorschrift zu rätselhaft geraten ist, wiederholt sie der Autor
im nächsten Abschnitt mit anderen Worten, die eindeutig vom

Astrolabs allgemein berührt, an die drei besten modernen Arbeiten darüber:
Michel, Traite S. 27-93; The Planispheric Astrolabe, hg. von David W. Waters
(National Maritime Museum Greenwich 1976,21979) S. 8-31, zum Teil übersetzt
mit Zusatz von Winfried Petri, Das planisphärische Astrolab (Deutsches
Museum München 1982) S. 5-39; Turner, Museum S. 1-9.
 
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