Metadaten

Borst, Arno; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1989, 1. Abhandlung): Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende: vorgetragen am 11. Februar 1989 — Heidelberg: Winter, 1989

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48156#0042
Lizenz: In Copyright
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
32

Arno Borst

planisphärischen Typ handeln. Jetzt erfahren wir, daß das Astrolab
hochgehoben wird (in Augenhöhe, so daß es frei und senkrecht hängt,
mit der Schmalseite nach dem anzupeilenden Stern). Nun wird die
alhidada, wie das Diopterlineal hinfort heißt, so lange gedreht, bis man
einen der am Himmel sichtbaren und auf der Spinne verzeichneten
Fixsterne mit einem Auge durch beide Löcher (foramina) der Alhidade
erblickt. Dann weist deren Spitze auf der Gradskala die Sternhöhe
nach. Diese wird vom Beobachter festgehalten, wohl aufgeschrieben
(annotata).
Danach wird die Vorderseite des Astrolabs eingestellt. Die eben
notierte Gradhöhe ist dort auf der Einlegescheibe herauszusuchen, auf
der dem Stern zugewandten Seite des Geräts, und zwar bei den
Höhenkurven (almukantarat), den Linien gleicher Gradhöhe über dem
Horizont, die um den Scheitelpunkt des Beobachtungsorts kreisen.
Dann ist die Spitze (caput) der Sternmarke (und mit ihr die ganze
Spinne) auf diesen Höhenkreis einzudrehen. Damit entspricht die
Einstellung des Astrolabs der gegenwärtigen Situation am nächtlichen
Himmel.
Kein Wort darüber, was anschließend (nun wieder auf der Rücksei-
te) zu tun ist: Man stellt die Ablesekante der Alhidade an der inneren
Kalenderskala, der des Sonnenjahrs mit 12 Monaten und je 30 Tagen,
auf das Beobachtungsdatum: dann erscheint an derselben Ablesekante
auf der äußeren Kalenderskala, der des Ekliptikkreises mit 12 Tier-
kreiszeichen und je 30 Graden, der Stand der Sonne im Tierkreis am
selben Tag, der sogenannte Ekliptikpunkt. Die Fortsetzung ist ausge-
führt: Der Ekliptikpunkt (gradus solis) wird auf der Spinne der
Vorderseite aufgesucht, in deren Ekliptikkreis, der sich gleichfalls in
Tierkreiszeichen und Grade gliedert. Dabei muß man bei Tag den der
Sonne diametral gegenüberliegenden Punkt (nadayr) des Ekliptikkrei-
ses, bei Nacht den der Sonne zugekehrten wählen. Nun bleibt nur noch
zu prüfen, wo der Ekliptikpunkt eine der darunterliegenden Stunden-
kurven der Einlegescheibe trifft. Diese Kurve gibt die augenblickliche
Uhrzeit an.
Das Fragment erklärt nicht, was es mit den Stundenkurven auf sich
hat. Sie gliedern den unteren Teil der Einlegescheibe, der durch die
Horizontkurve ausgegrenzt ist, in zwölf gleiche Abschnitte. Man
könnte sie über die ganze Scheibe ausdehnen, dann würden sie aber die
Höhenkreise über dem Horizont durchkreuzen, die den oberen Teil
einnehmen. Die Stundenkurven sind einfacher zu konstruieren und
abzulesen, wenn sie unter dem Horizont des Beobachtungsortes liegen,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften