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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]; Wilhelmi, Thomas <PD Dr.> [Oth.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 11,2): Schriften zur Kölner Reformation — Gütersloh, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.30231#0180
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Allen Christen ist
gebotten, offenliche
sünder zu
meiden, wenn sie
Christen sein
wöllen.

176
zweite verteidigungsschrift (1543)

Rom, da dan kein sünd ist – wie ir eigen sprichwort lautet ¹ –, denn ² arm sein,
dem Papst offentlich vbel reden vnd iemandt thatlich ³ vergewaltigen. Da her
haben sie dann, wie offenbar sie in lasteren ligen, schutz vnd schirm wider alle
straff des Götlichen gesetzes vnd der Canonum. Jst aber das ⁴ nitt fein alle
straffen, von Gott vnd allen Vätteren gesetzet, eins mals ⁵ auffgehaben vnd zu 5
nichten gemacht?

Der Geyst Gottes aber gepeutet offenbar allen Christen, leyen vnd clericen,
das sie mitt keinem essen sollen, der ein bruder genant würdt vnd ein Christ
sein solle vnd aber ein hurer ist, einer, der seinen nehesten verfortheylet, ein
Götzen diener, ein trunckenboltz, ein rauber etc. So nun die Christen mitt so- 10
lichen leuthen nicht gemeine speyß niessen sollen, wie dan die speyse Gotes,
die gemeinschafft vnsers Herren Jesu Christi? Da ist nichts von rechtlicher
declaration vnd sententz gesetzet, die vorgohn ᵃ sollen. Paulus schreibet diß ⁶ –
»Jr solt mit solichen kein gemeinschafft haben, nit mit in essen« –Zu allen

Corinthern.
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Darumb auch die gelehrten nitt allein der heyligen Schrifft, sonder auch
der Canonum erkennen vnnd lehren, alle die meiden on einige fernere erkantnuß,
|cia/Ccja | welche in solichen offentlichen sünden ligen, die mitt
nichten mögen verhelet ⁷ werden, Vnd geben des zum exempel die vnordenlichen
⁸ beyßitz ⁹ der priester, Nennen soliche sünden notoria facti, die auß 20
der that iederman oder vilen bekant sindt; Jtem sagen, das soliche notoria –
kundtliche sünden – den sententz, das vrtheyl, in den Canonibus gesprochen,
in sich begreyffen; darumb die gemeinen Christen solich vrtheyl exequieren ¹⁰
sollen one weyter erkantnuß. Die weyl nemlich von den verdampten inn solicher
execution nichs erfordert würdt, das sie thündörffen, sonder allein 25
das sie andere meyden sollen. Soliche verdampten werden auch nit gezelet
vnder die, welche die Gemeinde Christi noch dulde. Dauon lese die Gloß
vber das c. vestra ¹¹ vnnd final. de cohabitatione clericorum et mulierum ¹²
Vnd das Antonius de Rosellis ¹³ schreybet in seiner Monarchi zu end des

a) wohl Drf. vorghon.

1. Das Sprichwort konnte ich nicht nachweisen.
2. als.
3. gewaltsam.
4. Heißt das aber.
5. auf einmal.
6. I Kor 5,11.
7. verborgen.
8. ordnungswidrigen.
9. Konkubinate.
10. vollstrecken.
11. Decretales Gregorii IX. lib. III, tit. II, c. 7 (Friedberg II, Sp.455f.).
12. Decretales Gregorii IX. lib. III, tit. II, c. 8–9 (Friedberg II, Sp.456f.).
13. Antonius de Rosellis (um 1380–1466), italienischer Kanonist, Professor in Bologna
und Padua. LThK ² 1, Sp.675.
 
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